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Active Board statt Tafel, Ipad statt Heft

Spannender als Papier? Foto: Davit Heitz

„Ich bin der aus meiner Familie, der die meiste Technik hat. Ich hab einen Computer, ich hab ne Xbox, ich hab nen Fernseher, ich hab noch nen Fernseher, ich hab ein Handy und n‘ Ipad“. Aussagen wie diese gehören heute längst zur Normalität. Kinder und Jugendliche verbringen mehrere Stunden täglich mit digitalen Medien. „Mein Handy ist mein Leben“, Handys & Ipads sind aus unserem Leben nicht mehr weg zu denken. Die zunehmende Digitalisierung hat auch vordem Schulunterricht und den Kindergärten keinen Halt gemacht.

Active Board statt Tafel, Ipad statt Heft. Einerseits sollen „veraltete“ Unterrichtmodelle an den Wandel der Zeit angepasst werden, andererseits warnen Forscher, wie Prof. Manfred Spitzer, einer der bedeutendsten deutschen Gehirnforscher und Autor des Buches „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“, vor den negativen Effekten des frühzeitigen Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht. Laut Spitzer existieren bis heute keine unabhängigen Studien, die bestätigen, dass die Digitalisierung des Unterrichts die Effektivität des Lernens steigert. Einige Studien zeigen hingegen, dass die frühzeitige Einführung von digitalen Medien, Lese- und Rechtschreibschwäche begünstigt und dass das Lernen mit Ipad & Co. zur oberflächlichen Verarbeitung des Unterrichtstoffes führt.

Neben kontroversen Diskussionen in Politik, Medien und Forschung, geht die Meinung derjenigen, die direkt davon betroffen sind gänzlich unter. Was halten die Schüler*Innen vom Thema Digitalisierung? Was erwarten sie von den Lehrer*Innen und dem Unterricht? Die Druckschrift war hierfür in zwei Karlsruher Schulen, in einer 8. Klasse Realschule, sowie in einer 6. Klasseganztags Gemeinschaftsschule und Modellschule für digitale Bildung zu Besuch, und hat Schüler*Innen wie Lehrer*Innen befragt.

Auf den ersten Blick ist das Handy aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die durchschnittliche private Mediennutzung ist laut Schüler*Innen meist einige Stunden täglich. Sie dienen vor allem für Youtube-Videos, zum „zocken“ oder um mit Freunden über Facebook in Kontakt zu treten. Die befragten Lehrer*Innen der Gemeinschaftsschule sind der Meinung, dass es wichtig sei, die Schüler*Innen an einen kritischen und sinnvollen Umgang mit Medien heranzuführen. „Das „veraltete“ Unterrichtsmodell muss an den digitalen Wandel angepasst werden. Die kontrollierte Medienarbeit stellt neben wertvollen Lehrervorträgenund der Vermittlung von sozialen Werten eine wichtige Säule dar und bildet eine weitere Facette des Verstehens“, so der stellvertretende Direktor. Medien werden im Unterricht punktuell und gezielt eingesetzt, beispielsweise um das Solarsystem in 3D zu demonstrieren oder mit Schüler*Innen eigene Erklärvideos zu sozialkritischen Themen zu drehen. Die Kreativität der Schüler*Innen wird durch den „Denkraum“, in dem sie sich in der Pause zum Ideensammeln treffen oder den „Makers Space“, in dem sie Videos schneiden können, gefördert. Die Förderung bedeutet jedoch auch Fordern der Schüler*innen. Sie sind aktiver Teil der Schule und nicht nur bloße Zuhörer.

Was die digitalen Schüler*innen denken

„Der Unterricht mit dem Ipad macht mehr Spaß – die meisten Kinder sind ja daran gewöhnt vor etwas Digitalem zu sitzen.“. „Die Suche geht schneller und man muss nicht alles aufschreiben.“ Das Ipad wird im Unterricht in einigen Fächern eingesetzt, am besten gefällt den Schülern jedoch die Nutzung im Musikunterricht, mit der App „Garage Band“, mit der man gemeinsam Instrumente spielen kann. Weiter wurde die Freiheit an der Schule betont, die durch die Möglichkeit der Nutzung der kreativen Räume geboten wird und der selbstgewählte Verantwortungsjob in der 7. Klasse, der die Möglichkeit bietet das Schulgelände zu verlassen, um z. B. in einem nahegelegenen Altersheim zu arbeiten. Der Schulhund darf natürlich auch nicht unerwähnt bleiben. Ob sich Schüler*Innen den Stoff leichter mit Ipad oder Notizen im Heft merken können, ist kontrovers: „Wenn ich lügen würde, würde ich sagen, ich lerne besser und merke mir die Sachen eher mit Ipad. Ich kann es mir auf Papier mehr merken, mir macht es aber digital mehr Spaß.“„Bei mir ist alles online.Ich bin es gewohnt, ich kann es mir digital mehr merken.“

Digitale Bildung, ein Thema in der Realschule?

Die befragten Schüler*Innen der Realschule, haben durchschnittlich zweimal die Woche Nachmittagsunterricht, sind gezwungen in der Mittagspause das Schulgelände zu verlassen, wobei die in der Nähe wohnenden meist nach Hause gehen. Die anderen sind auf die nahegelegenen Dönerbuden und Supermärkte angewiesen. Um 7.45 Uhr klingeln die Schulglocken, dann müssen erstmal die Handys abgegeben werden. Wie die Schüler das finden? Einstimmig: „Scheiße.“ Ipads gibt es im Unterricht nicht. Was würden die Schüler*Innen davon halten, wenn diese eingeführt würden? „Ach, das wäre so geil, keine Hefte mehr.“ „Das wäre besser, moderner, wir müssen immer so viele Bücher mitbringen.“ Die Schüler*innen durften einmal Ipads in der Schule ausprobieren, das hat ihnen Spaß gemacht. „Es ist wichtig den Umgang mit einem Ipad zu lernen, wegen dem Beruf.“ Klare Berufswünsche gibt es bereits, von Architekt*In über Fahrzeugmechaniker*In und Zahntechniker*In.

Was bewegt jenseits digitaler Medien?

„Ich wünsche mir eine Mensa mit gutem Essen, damit ich nicht nach Hause gehen muss“, so eine Schülerin der Realschule, „die Schule sollte erst so gegen 9 Uhr morgens anfangen“, meinten die anderen Schüler*Innen. Einen gute(n) Lehrer*In stellen sie sich als eine Mischung zwischen nett und streng vor, der/die Klasse unter Kontrolle hat, auf Fragen antwortet und alle gleichbehandelt.Und dann wären da noch die altbewährten Wünsche, keine Jungs in der Klasse – wobei der Unterricht dann auch nicht so lustig wäre und dass alle Lehrer*Innen krank wären.

Wir befinden uns im Zeitalter der Digitalisierung – Ipads & Co. sind nicht mehr wegzudenken und nehmen einen Großteil der Freizeitgestaltung von Schüler*Innen ein. Es stellt sich die Frage, fördert der Einsatz digitaler Medien im Unterricht die „digitale Sucht“ der Schüler*Innen oder trägt er zu einem kritischen Umgang bei? Interessant ist, dass Schüler*Innen die übermäßige Nutzung digitaler Medien durchaus kritisch sehen.

Vielen Dank an alle Schüler*Innen und Lehrer*Innen für die Kooperation!

Susanne Kubisch

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