Cocaine Piss hatten sicher 2014, als sie sich im belgischen Liège gründeten, keinerlei große Erwartungen an ihre Zukunft, was auch den vielleicht etwas unbedacht gewählten, jedoch ihren Musikstil recht gut umschreibenden Bandnamen erklären könnten. Mittlerweile sind sie der Top-Export der wallonischen Alternative-Rock-Szene, und zwar nicht, weil sie unermüdlich die Litanei des Musikbusiness abgearbeitet haben oder ihre Zeit in Meetings mit den wichtigen Leuten versaßen, sondern weil sie gern direkt live aufschlugen, wo immer es Konventionen zu zertrümmern gilt. Dies tun sie auch mit ihrem unverwechselbaren, hochenergetischen Mix aus Punk und Noise, der einem 20-minütigen Wirbelsturm gleichkommt. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, also ob die Dead Kennedys, Bikini Kill und Melt Banana gleichzeitig auf der Bühne stehen und mitten im Set der Strom ausfällt, so daß ein in Rage gerocktes, verwirrtes und hocheuphorisiertes Publikum nicht anders kann, als den Laden noch final zu zerlegen.

Diese Kraft, mit der Cocaine Piss die Clubs und Partykeller ihrer Heimat heimsuchten, sprach sich schnell rum, so dass bald ganz Europa daran teilhaben wollte. Es folgten über 400 Konzerte, und sie hinterließen ihre Duftmarken quer über den Kontinent von Norwegen bis Portugal und von Litauen bis ins Vereinte Königreich. Egal ob auf den großen Festivalbühnen des Sommers oder in Kellerlöchern besetzter Häuser, Cocaine Piss schlugen überall gewaltig ein und ihr Sound wuchs mit ihrer zunehmenden Spielerfahrung. Unüberhörbar sind der Einfluss, den Hardcore und 80er Noise Rock a la Mudhoney oder Big Black, auf die Soundfindung ausübten, und so verwundert es nicht, dass ihr namhaftester Fan wohl kein geringerer als Steve Albini ist, mit dem sie auch ihre zweite Langspielplatte – lang heiß bei ihnen wie gesagt 20 Minuten – aufnahmen.

Die Pyramiden besichtigt, die Wüste durchquert, und jetzt? „Kräuter der Provinz“. Kiffen mit Edgar Reitz? Eine Hommage an die regionale Küche oder die Feier hinterwäldlerischer Herkunft gar? Natürlich nicht. Wie immer gilt: doppelter Boden hält besser und ein Kalauer am Tag die Kritik auf Abstand. Wie aber sich nähern oder erklären gar, was vor sich geht?

Datashock 2019: Achtzig Finger im Spiel, aber was wird gespielt? Spielen Datashock ihre Instrumente oder spielen die Instrumente Datashock? Es rappelt, rumst und pfeift – so viel steht fest. Hier spielt eine frei improvisierte Musik. Musik, die im Prozess und dem Ergebnis ein soziales Ereignis ist, das sowohl die individuelle Entfaltung als auch eine gemeinsame – mithin sogar ekstatische! – Erfahrung ermöglicht. Sheesh! Aber hallo! Kennt man schon? Na und, das kann ruhig noch mal gesagt werden! Warum auch nicht?!

Aber wie muss man sich das vorstellen? Acht Leute unter einen Hut bzw. in einen Aufnahmeraum zu bringen – weil alle doch so (teilweise prekär aber natürlich dauernd mit irgendwas anderem) beschäftigt sind, ist doch immerhin Super-Spätkapitalismus und so! Aber dann, Terminkalender gecheckt, los geht’s, nächster Halt: Oetinger Villa, Darmstadt. Kolter hat schon durchgefegt, DJ Ulf Eyes bringt Bier von der Waterkant mit, MC Cobra hat die neusten Modetrends aus Berlin dabei, McWerner und Cha Cha kommen mit allem, was sie nicht vergessen haben, aus Köln den Rhein hoch und – klar – El Haze und Biber Bergi rücken nebst LL Cool P aus Saarbrücken an. Pizza bestellt, Flaschen geöffnet und dann geht’s los.


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Datum/Zeit
Date(s) - 30.05.2019
20:00

Veranstaltungsort
P8

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