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Refugees

Abschiebetatort Karlsruhe

„Rückführung von Balkanflüchtlingen“

Asylerstanträge und Abschiebungen in BaWü 2015. (Grafik: Benedict Holbein)

Karlsruhe ist der Sitz der Landeserstaufnahmeeinrichtung LEA. In Baden-Württemberg ankommende Flüchtlinge müssen sich dort registrieren lassen und werden in der Hauptstelle in der Durlacher Allee 100 oder einer der Außenstellen untergebracht, bis sie auf andere Unterkünfte verteilt werden. Die Zahl der Erstantragsstellungen bis einschließlich Juli belief sich in 2015 auf 29.115. Die größte Zahl der Geflüchteten kam aus Syrien, gefolgt von Menschen aus dem Kosovo und Albanien. Über 1/3 sind sogenannte „Balkanflüchtlinge“ aus Albanien, Serbien, Mazedonien und dem Kosovo. Die eingereichten Asylanträge werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF bearbeitet. Bis zur Entscheidung erhalten die Flüchtlinge eine Duldung und warten in der zugeteilten Unterkunft auf die Anhörung und anschließende Entscheidung über den Antrag. Wird der Antrag abgelehnt, erfolgt zeitnah die „Rückführung“ ins Heimatland bzw. in das zuständige EU Land. Letzteres ist der Fall, wenn der Antrag aufgrund des Dublin Abkommens, nachdem Flüchtlinge nur in dem EU Land, in das sie zuerst einreisen, antragsberechtigt sind, als unzulässig abgelehnt wird. Bei der Entscheidung spielt die Regelung zu sicheren Drittstaaten, die seit Zustimmung der grün-roten Landesregierung im September 2014 im Bundesrat gilt (siehe „Ein fauler Kompromiss“, Druckschrift Ausgabe 2), eine wichtige Rolle. Anträge von Menschen aus diesen Staaten, zu denen auch Serbien und Mazedonien zählen, werden pauschal als „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen. Im Extremfall, bei den sogenannten Flughafenverfahren, bei dem direkt nach Einreise ohne Einspruchsmöglichkeit ein Schnellverfahren gemacht wird, liegen nur Stunden zwischen Ankunft und Abschiebung. Im bundesweiten Durchschnitt (Stand 2015, n. BAMF) dauert ein Verfahren knapp über 5 Monate. In Baden-Württemberg fast 7 Monate. Manche Antragsteller warten jedoch Jahre auf eine Entscheidung.

Für die Definition der Lage in den einzelnen Herkunftsländern trägt das Auswärtige Amt die politische Verantwortung, indem es Lageberichte erstellt, die als Entscheidungsgrundlage für Asylanträge dienen. Dabei wird in erster Linie die politische Situation und Gesetzgebung eines Landes berücksichtigt, wodurch §60 Abs 1. des Aufenthaltsgesetzes, das Asyl aufgrund der Verfolgung durch Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, auch durch nicht-staatliche Akteure ermöglicht, praktisch ausgehebelt wird. Davon betroffenen sind vor allem Roma, die in den Balkanstaaten neben extremer Armut oft auch unter gesellschaftlicher Ausgrenzung bis hin zu tätlichen Übergriffen leiden, denen jedoch ein humanitäres Bleiberecht verwehrt wird. Die Pauschalisierung durch sichere Herkunftsländer dient ausschließlich der Beschleunigung von Asylablehnungen, wird aber einem humanitären Gedanken des Asylrechts keineswegs gerecht.

Durchsetzung der Abschiebungen

Nach der Ablehnung werden die Betroffenen in der Regel eine Woche vorher über die Abschiebung per Brief informiert, worin sie aufgefordert werden, sich in ihrer Unterkunft bereit zu halten. Meist mitten in der Nacht bzw. den frühen Morgenstunden werden sie dann von der Polizei abgeholt, in Busse gesetzt und zum Flughafen – in der Region zum Baden-Airpark – gebracht, von wo aus Chartermaschinen in die jeweiligen Abschiebeländer starten. Um diese sogenannten „Sammelabschiebungen“ zu vereinfachen, soll in Pforzheim ein Abschiebegefängnis für bis zu 64 Personen in der JVA eingerichtet werden, weil diese, so Innenminister Gall, aufgrund der Nähe zu den Flughäfen Stuttgart, Baden-Baden und Frankfurt sowie guter Autobahnanbindung geeignet liege.

Proteste gegen Abschiebungen vor der LEA

Obwohl Abschiebungen rechtlich legitimiert werden, sind sie dadurch nicht automatisch richtig, auch wenn diese bequeme Argumentation in der Flüchtlingsdiskussion omnipräsent ist. Diejenigen, die gegen Abschiebungen protestieren, sehen sich laut Libertärer Gruppe Karlsruhe „zunehmend aggressivem Vorgehen der Polizei“ gegenüber. Schlagstock- und Pfefferspray-Einsätze sind dabei vor der LEA keine Seltenheit. Am 30. und 31.10.2015 werden in Karlsruhe Aktionstage gegen Abschiebung und für ein Bleiberecht stattfinden. Wer sich informieren oder aktiv werden möchte, findet Kontakt über: aktionbleiberecht.de lka.tumblr.com. (bh)

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