Schwerpunkt

Denn sie wissen nicht was sie tun

Bildung zwischen Reformismus und Konservatismus – Hauptsache es kostet nichts

„Guten Morgen Kinder“ – „Guten Morgen Alexa“

„Alexa, warum können wir nicht zuhause lernen?“ – „Entschuldigung, auf diese Frage habe ich leider keine Antwort.“

Ein Tablet für jedes Grundschulkind, IT-Skills einprogrammieren ab 6-Jahren – die Digitalisierung der Schulbildung wird von vielen Seiten, nicht zuletzt von der FDP vehement gefordert.  Ein bisschen Montessori hier, Emanzipation, Mitbestimmung – vor jeder Stunde erstmal ein Sitzkreis – ein wenig Waldpädagogik, Kunst-, Musik-, Sportpädagogik dort.  Da wurde das achtjährige Gymnasium G8 eingeführt, mit dem Ziel junge Menschen ein Jahr früher in das Verwertungssystem der Arbeitskraft zu werfen. Dass die meisten Absolvent*innen das Jahr lieber nutzen, um sich zu orientieren, in freiwilligen Diensten zu engagieren, um zu reisen oder einfach das Studium etwas ruhiger angehen zu lassen, spricht wiederum für die Fähigkeit zur Reflektion und eine Vernunftbegabung der Betroffenen. Mittlerweile rudern viele Schulen wieder zurück, wobei die Lehrkräfte weitläufig schon eingespart wurden.

Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hieße es ja Buchung. (Matthias Beltz – deutscher Kabarettist, 1945 – 2002)

Von der Reform des Bildungsplans im Ländle, ist vor allem noch im Gedächtnis, dass er einen aufgebrachten Mob verklemmter Eltern auf die Straße trieb, aus Angst vor einem progressiven sexuellen Aufklärungsunterricht. Indes sitzen sogenannte Nichtreligionskinder, deren Zahl jährlich steigt, regelmäßig auf den Schulfluren. Im Grundschulbereich, ist es in Baden-Württemberg, als eines der wenigen Bundesländer, den Schulen strikt untersagt eine Alternative zum evangelischen oder katholischen Religionsunterricht, beispielweise Ethik anzubieten. Daran änderten auch Petitionen, Klagen oder das Bekenntnis im Koalitionsvertrag der Grün-Roten Landesregierung nichts. Ohnehin fehlten entsprechende Lehrkräfte.

Selbst in Vorzeigeschulen, in reichen Städten wie Karlsruhe, in einem reichen Land wie Baden-Württemberg gehört es zum Alltag, dass Unterricht ausfällt, weil es keine Vertretungen gibt und Kinder in andere Klassen gepackt werden müssen. Die Klagen über Lehrermangel sind allgegenwärtig. Gleichzeitig wurden dieses Jahr knapp 5.000 Arbeitslosenmeldungen von Lehrkräften gemeldet, die zu Beginn der Sommerferien entlassen, um dann vielleicht, je nach Bedarf im neuen Schuljahr wieder eingestellt zu werden. Baden Württemberg ist hier Spitzenreiter mit 1.640 Entlassungen. Immerhin spare man damit im Land 12,5 Mio. Euro. Auf das bald flächendeckend erprobte Kunststück, ohne zusätzliche Lehrkräfte, kostenneutral ein Ganztagesschulangebot zu realisieren, dürfen wir mit schrecklicher Vorahnung gespannt sein. Erste Symptome für eine Katastrophe werden hier und da schon sichtbar.

Dem Lehrberuf mangelt es offenbar an Attraktivität. Dazu sind Grund- und Hauptschullehrkräfte bis zu zwei Besoldungsstufen unter ihren Kolleg*innen, beispielsweise auf Gymnasien eingruppiert, bei bis zu drei Wochenstunden mehr. Dabei wartet gerade hier die pädagogische Herausforderung Problemfälle einzufangen und Bildungsverlierer*innen zu vermeiden. Dass sich der Bildungsweg und damit auch die berufliche Perspektive, in Deutschland bereits im zarten Alter von Zehn entscheidet, weil sich die Konservativen am dreigliedrigen Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert festklammern, ist vor diesem Hintergrund noch fataler.  Doch grundsätzliche Änderungen sind durch die Länderhoheit im Bildungsbereich ohnehin ausgeschlossen.

“There is only one thing in the long run more expensive than education: no education.“ (John F. Kennedy)

 In jedem Fall ist die Bildung ein von Kontroversen und Wandel geprägtes Thema. Hier lohnt es sich einmal genauer hinzuschauen, welche Konzepte und Probleme es in Karlsruhe gibt. Da gibt es Pilotprojekte zu digitalisierten Bildung und partizipative, alternative Schulkonzepte. Wir nehmen sie unter die Lupe. Wann fängt Bildung eigentlich an? Wie steht es um Erziehung in Krippe und Kindergarten und was sagen eigentlich Schüler*innen zu dem Ganzen?

Aber lest selbst, diskutiert und beteiligt euch an der Debatte, wie Bildung ablaufen sollte. Eure Meinungen sind willkommen, egal ob als Kommentar auf www.druckschrift-ka.de, über Facebook oder per eingereichtem Leser*innenbrief oder Beitrag.

 

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