Was bedeutet frühkindliche Bildung? Sollen Kleinkinder möglichst früh auf Leistung getrimmt werden? Müssen sie eine Geige in die Hand bekommen, sobald sie diese halten können? Fremdsprachen erlernen, um in einer globalisierten Welt zu bestehen?
Laut aktuellen statistischen Erhebungen besucht heute in Deutschland jedes dritte Kind unter drei Jahren eine Kindertagesstätte. Fachleute sehen in der frühkindlichen Bildung eine Möglichkeit, dem Phänomen entgegenzuwirken, dass Bildungserfolg für Kinder auch heutzutage noch eng mit den sozio- ökonomischen Verhältnissen und dem Bildungsgrad der Herkunftsfamilie verknüpft ist.
Grundlage für den Betrieb und die Arbeit in einer Kindertagesstätte, einer Krippe oder eines Kindergartens sind immer die gesetzlichen Bestimmungen aus dem Sozialgesetzbuch VIII, Kinder- und Jugendhilfe und die UN- Kinderrechtskonvention von 1989. In der UN- Kinderrechtskonvention werden Kinder als eigenständige Träger von Rechten definiert, wozu das Recht auf Erziehung und Bildung gehört, wobei die Persönlichkeit, Begabungen und geistige, körperliche und soziale Fähigkeiten entfaltet werden sollen. „Bildungseinrichtungen müssen sich daran messen lassen, inwieweit sie dazu beitragen, diese Rechte der Kinder einzulösen und inwieweit sie das Wohl des Kindes vorrangig vor anderen Interessen berücksichtigen. (…) Partizipation, Inklusion, die wertschätzende Anerkennung von Unterschiedlichkeit und die konsequente Orientierung an den Bedürfnissen eines jeden Kindes sind Grundprinzipien einer kindgerechten Elementarpädagogik und des Orientierungsplans.“ (Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden- württembergischen Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen, Fassung vom März 2011).
Im Orientierungsplan sind grundlegende Fragen formuliert, die sich an der UN- Kinderrechtskonvention orientieren: Was kann das Kind? Was will das Kind? Was braucht das Kind? Wie erfährt das Kind die Welt? Wie wird es ein Mitglied der Gemeinschaft? Wie wird man in Bildungs- und Erziehungsprozessen der Würde des Kindes gerecht?
Auf über 40 Seiten wird detailliert auf die Grundlagen und Ziele der Bildungsarbeit eingegangen und pädagogische Herausforderungen benannt. Es werden beispielsweise Aussagen zu Haltung und Professionalität getroffen, die Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Fachkräften ist ebenso Thema wie Fragen der Dokumentation, der Qualifizierung von Leitungs- und Fachkräften, des Qualitätsmanagements oder des Datenschutzes. Bildungs- und Entwicklungsfelder der Kinder werden benannt, es wird darauf eingegangen, wie Kinder die Welt entdecken und verstehen, wie sie Anerkennung und Wohlbefinden erfahren, sich ausdrücken oder Beziehungen aufbauen.
Selbstverständlich finden sich die Inhalte und Zielsetzungen des Orientierungsplans in den Konzeptionen und Leitbildern der unterschiedlichen Einrichtungen wieder. Diese haben einen gewissen Spielraum in der Ausgestaltung, denn im Bildungsplan ist es folgendermaßen formuliert: „Die Zielformulierungen aller Bildungs- und Entwicklungsfelder sowie die übergreifenden Ziele haben für die Einrichtungen und Träger verbindlichen Charakter. Entsprechend den Prinzipien von Pluralität und Konzeptionsvielfalt steht es in der Verantwortung der Träger und Einrichtungen, wie diese Ziele im pädagogischen Alltag erreicht werden.“
Es gibt kirchliche und städtische Einrichtungen oder auch Kindertagesstätten, Krippen und Horte, die von Elterninitiativen betrieben werden. Ob und wie die genannten Ziele erreicht werden, ist schwer zu beurteilen. Bei der Auswahl einer geeigneten Betreuungseinrichtung müssen sich Eltern mit einer Vielzahl von Faktoren auseinandersetzten, um eine Entscheidung zu treffen. Am besten lassen sich im direkten Kontakt mit Leitung und pädagogischen Fachkräften oder anderen Eltern Eindrücke zur tatsächlichen Umsetzung der erwähnten Ziele aus dem Bildungsplan gewinnen lassen. Ausstattung der Räumlichkeiten oder des Außenbereichs, vor allem aber Gruppengröße, Personalschlüssel und der Ausbildungs- bzw. Fortbildungsstand des Personals werden in die Entscheidung miteinfließen. Aber für Eltern spielen auch Faktoren wie Erreichbarkeit, Öffnungszeiten oder die Aufnahme von Geschwisterkindern eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Einrichtung.