Bereits als Schüler*innen, damals noch im Biedermeier Wohnhaus, der „Alten Apotheke“, schaffte das vierköpfige Kollektiv gemeinsam Kunst. Und schon damals zählten die offen Abende bis zu 200 Gäste, schildert meine Gesprächspartnerin Constanze.
Heute, im Hafengebiet, ist das Kollektiv seit 2013 mit seinem jährlichen Nordbeckenfestival und regionalen bis hin zu internationalen Kooperationen mit Kunstschaffenden eine feste Größe in der Karlsruher Kulturlandschaft. „Gerade in Karlsruhe ist es wichtig, dass man kollegial ist,vor allem, wenn man so einen tollen Raum hat“. Zu dem Gebäude am Nordbecken sei man eher zufällig gekommen, der Kollektivgedanke habe sie schon immer begleitet. Das „Nahbare“ locke die Leute, es gehe darum sich wohl zu fühlen. „Lebendig und vielseitig mit Musik und Kunst, breit gefächert anstatt stur und streng“ sei das Konzept, das nie geplant, sondern nach und nach gewachsen sei. Dadurch könne man sich eine gewisse Relevanz zuschreiben, immerhin sind „verschiedene Aspekte wichtig für verschiedene Menschen“, ob man angesprochen wird oder nicht, Kunst „häppchenweise“ oder überraschend genießt. Das Kollektiv ist ein Vorbild dafür, was mit der richtigen Motivation – „mit Stringenz, Stur an der Sache bleiben und sich selber wertschätzen“, machbar ist.
Lieber unabhängig und frei als offiziell
Mit Fördermöglichkeiten habe man sich nie auseinandergesetzt. Das bekomme dann immer gleich so einen offiziellen Charakter, meint Constanze. Außerdem sei es „ein ziemlich gutes Gefühl, es alleine hinzubekommen.“ Das jährliche Festival deckt die Unkosten für Post, Werbung, Fahrgelder und Gagen. Kleinere Produkte, Soundtracks, Wundertüten, etwas Merchandise, hin und wieder ein verkauftes Gemälde sind neben privaten Spenden, die einzigen Einnahmequellen. Die Künstler*innen, die die Ateliers privat mieten, machen größtenteils Nebenjobs, um über die Runden zu kommen. Das Projekt sei insofern schon fragil, so ganz ohne Rückendeckung und zu groß um von einzelnen getragen zu werden. Das Argument von Kunstschaffenden man habe kein Geld etwas zu machen, lässt Constanze aber nicht zählen. „Macht doch erstmal was“, sagt sie. „Man entfernt sich vom Wesen“, wenn man sich von institutioneller Förderung abhängig macht. „Man ist freier, unabhängig vom Profitgedanken. Außerdem spart man sich ohne sie Papierkram.“ Der Erfolg gibt ihnen Recht.
Als beim ersten Nordbeckenfestival bis zu 1.500 Leute pro Woche zu Besuch waren, habe man schon etwas Angst bekommen. „So richtig gecheckt“ habe man die Größe aber erst nachdem man vom Kulturamt gutes Feedback bekam. Das „geilste Kompliment“ sei aber, das alle Künstler*innen glücklich wieder gehen und viele wiederkommen. „Ein Erfolgserlebnis“ ist, wennKünstler*innen, sogar aus Minneapolis, sich freuen eingeladen zu werden.
Vernetzen nicht ohne Gefahr
Die These des Potentials der Vernetzung sieht Constanze skeptisch. In erster Linie wegen persönlicher Befindlichkeiten von Kunstschaffenden. Immerhin sei es schon im Hafen schwierig eine gemeinsame Linie zu finden, auch wenn die Vision einer großen zusammenhängenden Kunstszene einen gewissen Reiz hat. Ein guter Punkt wäre es weitere Orte zu finden, möglichen Leerstand für Kunstprojekte zu nutzen, menschliche wie künstlerische Kooperationen zu pflegen. Aber die Szene ist inhomogen, es muss Verwaltungsarbeit gemacht werden und man muss sich öffnen. Hinterm Hauptbahnhof habe man das nicht geschafft. Warum müsse etwas an einem bestimmten Ort stattfinden, fragt sie, wenn niemand etwas davon habe? „Als Künstler ist man nicht an einen Raum gebunden.“
Das Nordbeckenkollektiv hat indes noch immer keinen Emailverteiler, daran arbeite man noch. In diesem Jahr gibt es leider keine große Eröffnung, das Kollektiv braucht eine Pause. „Vielleicht gibt es zu viele Künstler aber man ist gefangen in der Leidenschaft“.