Beiträge für eine Lebendige Streitkultur in Karlsruhe

Bildung/Initiativen

Lernfreunde

Mein Recht auf Bildung darf mir niemand nehmen!

Bild: UNESON gemeinnützige UG – Lernfreunde Karlsruhe

Bildung ist Menschenrecht! Dieser Grundsatz ist in mehreren internationalen Abkommen verankert. Doch es stellt sich, gerade hinsichtlich der weltweiten Fluchtbewegungen die Frage, inwiefern dieses Recht für alle Kinder und Jugendliche Geltung hat.

In Deutschland können viele junge Geflüchtete, die in Landeserstaufnahmeeinrichtungen leben, ihr Recht auf Bildung nicht wahrnehmen, weil ihnen vonseiten des Staats keine Bildungsmöglichkeiten eröffnet werden. In Baden-Württemberg ist die Schulpflicht für geflüchtete Kinder und Jugendliche in den ersten sechs Monaten nach Stellung des Asylantrags ausgesetzt. Viele junge Geflüchtete werden damit strukturell, vom formalen Bildungssystem ausgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass die Bildungsbiografien der geflüchteten Kinder und Jugendlichen teilweise große Bildungslücken aufweisen, die sich auf ihr späteres Berufs- und Alltagsleben auswirken können und von gesellschaftlicher Tragweite sind. Auch wenn jungen Geflüchteten laut Schulgesetz in den ersten sechs Monaten nach Ankunft in Baden-Württemberg noch nicht schulpflichtig sind, haben sie dennoch ein Recht auf Bildung und ein Recht darauf, entwicklungsgerechte Lernangebote zu erhalten.

Aus diesem Grund gibt es seit November 2016 das Lernfreunde-Haus, eine Bildungs- und Freizeiteinrichtung für geflüchtete Kinder und Jugendliche der Durlacher Allee in Karlsruhe. Die Lernfreunde sind eine allein von Ehrenamtlichen getragene und allein aus Spenden finanzierte Einrichtung, die den Kindern im Alter zwischen 6 und 16 Jahren die Teilhabe an Bildungs- und Freizeitangeboten ermöglicht. Dem einengenden Leben in der Flüchtlingsunterkunft, das häufig von rauen Sprach- und Umgangsformen geprägt ist und weder Rückzugsorte noch Platz zum Spielen oder Lernen bereithält, stellen die Lernfreunde eine schützende kinder- und jugendgerechte Umgebung entgegen.

Die feste Tagesstruktur der Lernfreunde von 9 bis 14 Uhr sieht die Gestaltung des Vormittags mit einer Vielfalt von Lerneinheiten sowie die Gestaltung des Nachmittags mit Alltags- und Freizeitaktivitäten vor. Das vielfältige Lernangebot zielt auf die Förderung der Lese-, Schreib-, Sprach- und Rechenfähigkeit sowie der künstlerisch-musikalischen Kompetenzen der Lernfreunde-Kinder. Ungeachtet ihrer Nationalität, ihres ausländerrechtlichen Status und ihrer Bleibeperspektive eröffnen die Lernfreunde den Kindern im Halbtagsbetrieb mit Verpflegung die ihnen zustehenden Partizipations- und Bildungschancen. Auf diese Weise haben die geflüchteten Kinder und Jugendlichen bei den Lernfreunden die Möglichkeit Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit zu machen. Die Lernfreunde gewähren den Kindern damit, zumindest temporär, das Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel sowie das Recht auf Bildung. Auch wenn die Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien Deutschland wieder verlassen müssen, ist die Relevanz der Lernfreunde als Referenzraum ihrer individuellen Bildungslaufbahn gegeben. Sie können das Gelernte mitnehmen, egal wohin sie gehen. Die Teilhabe an Bildungsmaßnahmen ist für junge Menschen der Schlüssel zu einem selbstständigen und zufriedenen Leben und zur sozialen Partizipation an gesellschaftlichen Prozessen. Gerade das individuelle Engagement der Lernfreunde leistet einen wichtigen, humanitären Beitrag, weil eben nicht nur formale Bildungsaspekte und das schulische Lernen im engeren Sinne im Vordergrund stehen, sondern auch soziale Beziehungen geknüpft werden und eine ganzheitliche Persönlichkeitsbildung der Kinder im Fokus steht.

Larissa Widmann

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