Stadtpolitik

Umfrage zur Kommunalwahl: Die Linke

Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Mitgliedorganisationen der Paritätischen trotz der Kürzungen ihre Aufgaben erfüllen können? Wie werden Sie in den kommenden Jahren mit der immer weiter klaffenden Lücke im Budget der Wohlfahrtsverbände umgehen, die aus den steigenden Kosten in Folge von Tarifabschlüssen bei nicht ebenso steigenden Zuwendungen seitens der Stadt resultiert?

Wir als LINKE unterstützen die Initiative des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hinsichtlich der Dynamisierung von Freiwilligkeitsleistungen. Außerdem wollen wir die im Rahmen des vergangenen Sparpakets vorgenommenen Haushaltskürzungen zurücknehmen. Damit soll den Wohlfahrtsverbänden ermöglicht werden, ihr Leistungsangebot wiederherzustellen und in Zukunft weiter auszubauen. Nur mit ausreichender und langfristig gesicherter Finanzierung können die Wohlfahrtsverbände ihren sozialstaatlichen Auftrag zum Schutz der Ärmsten und Hilfebedürftigsten in unserer Gesellschaft erfüllen.

Soll der Beschluss der Haushaltsverhandlungen in Anbetracht des von der SPD initiierten Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas überdacht werden?  Wann und wie würden Sie mit der Umsetzung des Projekts “gebührenfreie Kitas” beginnen? Wann werden die Eltern in Karlsruhe die ersten Veränderungen merken?

Wir haben selbst seit Jahren die Forderung nach gebührenfreien KITAS und unterstützen deshalb auch das Volksbegehren der SPD. Das Projekt gebührenfreier KITAS kann sofort angegangen werden. Dazu wollen wir mit den Städten, wie z.B. Heilbronn oder Mannheim, die bereits jetzt gebührenfreie KITAs haben, über deren Vorgehen und Möglichkeiten zur Finanzierung sprechen. Wir meinen, dass gebührenfreie KITAs in Karlsruhe innerhalb der nächsten Legislaturperiode – also bis 2024 – erreicht werden können und müssen.

Welche Initiative sind notwendig, um den Mangel an qualifizierten Fachkräften an Kitas und Ganztageschulen in der Stadt mittelfristig zu beseitigen? Wie will Ihre Partei bzw. Wählervereinigung den Ausbau von Kitas und Ganztageschulen vorantreiben und zugleich sicherstellen, dass sich auch in Hinblick auf die eventuellen Mehrkosten für die gebührenfreien Kitas die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vor Ort nicht verschlechtern?

Um den tatsächlichen Bedarf an Fachkräften an Kitas und Ganztagesschulen zu decken, ist es notwendig, dass die Arbeitsbedingungen des Personals attraktiver gestaltet werden. Dazu gehört zum einen eine bessere Bezahlung sowie eine Verbesserung des Personalschlüssels. Damit sollen kürzere Arbeitszeiten zu vollem Lohnausgleich und ein Abbau des Arbeitsstresses für die Beschäftigten erreicht werden. Außerdem müssen Weiterbildungsmöglichkeiten auch für Erzieher*innen sichergestellt werden. Dies kostet natürlich Geld. Aber es handelt sich hierbei um Investitionen in künftige Generationen. Der Fokus der Stadt sollte hierauf gerichtet sein, statt auf großen Prestigeprojekten. Wir sehen in diesem Zusammenhang auch das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg in der Pflicht, die Leistungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten.

Wie sieht Ihre Partei bzw. Wählervereinigung die Notwendigkeit weiterer Privatisierungen im Bereich der Karlsruher Kommunalbetriebe?

Wir sehen keinerlei Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit kommunale Betriebe zu privatisieren und lehnen jede Privatisierung ab. Privatisierung bedeutet zum einen Verlust an demokratischer Kontrolle seitens des Gemeinderats und der Bevölkerung und zum anderen meist eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Stattdessen wollen wir einen Prozess der Rekommunalisierung anstoßen, um die Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten der Stadtgesellschaft wiederherzustellen.

Ist für Sie ein Problem, dass 90% der AbsolventInnen von HfG, ADBK  und Hochschule für Musik (HfM) nach ihrem Abschluss die Stadt verlassen? Was wollen Sie tun, um die Stadt für kreative, nicht -konsumorientierte Projekte attraktiv zu machen? Erkennt Ihre Liste bzw. Ihre Wählervereinigung das Potenzial für die Stadt, das in solchen Freiräumen und in freien Initiativen steckt? In dem Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe ist zu lesen, dass die Raumversorgung der Karlsruher Kreativ- und Kulturszene „eine besondere Herausforderung“ darstellt. Was spricht gegen eine Aufhebung des grundsätzlichen Vorrangs gewerblicher und technologischer vor kulturellen Nutzungen in Gewerbegebieten (vgl. Bebauungsplan Nr. 614)?

Als LINKE wollen wir insbesondere nicht-konsumorientierte kreative Projekte in der Stadt stärken. Dazu gehört zum einen die kostenlose Bereitstellung von Räumlichkeiten. (ein Satz gestrichen, da 1.Priorität beim Immobilienkauf für Wohnungen liegt) Diese Räumlichkeiten müssen in allen Stadtteilen, auch in der Innenstadt, zur Verfügung gestellt werden. Dazu soll auch der Vorrang gewerblicher und technologischer vor kulturellen Nutzungen in Gewerbegebieten aufgehoben werden. Außerdem wollen wir den Kulturhaushalt ausweiten, um nicht-kommerzielle Alternativen finanziell stärker zu fördern. Um den Wegzug Kulturschaffender zu verringern, muss ein Maßnahmenplan entwickelt werden, da es hierfür vielfältige Ursachen gibt, z.B. fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten, zu geringes Gehalt bei Kulturbetrieben und zu hohe Wohnungspreise. Deshalb muss an verschiedenen Stellen angesetzt werden.

Haben Sie ein Konzept, um preisgünstigen und sozialen Wohnungsbau zu fördern? Welche konkreten Maßnahmen würden Sie „als Allererste“ umsetzen, um die Wohnsituation der Karlsruher Bevölkerung zu verbessern? Wie stehen Sie zum Vorschlag der Mieterinneninitiative Karlsruhe, das Areal C in der Nordstadt als Objekt einer „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ gemäß § 165 BauGB auszuweisen, um weitreichende Einflussmöglichkeiten durch die öffentliche Hand, vor allem im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau, zu erhalten?

Zum einen wollen wir das Angebot an Sozialwohnungen ausweiten: Dazu gehört es die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen (Ziel: 1500 Wohnungen pro Jahr) und gezielt Wohnungen in der Stadt zurückkaufen. Auch kurzfristig muss der Leerstand in der Stadt evaluiert werden und wieder nutzbar gemacht werden. Hierfür ist ein Leerstandkataster seitens der Stadt aufzubauen. Zweckentfremdete Wohnungen müssen, falls nötig, wieder in die öffentliche Hand überführt werden. Hierfür wollen wir das 2013 erlassene Landesgesetz (Zweckentfremdungsverbot) nutzen, um eine entsprechende Verordnung in die Satzung der Stadt aufzunehmen, wie es in Freiburg bereits der Fall ist.
Über eine 50% Sozialbindung mit einer möglichst langen Laufzeit kann mittel- und langfristig bezahlbaren Wohnraum gesichert werden. Hierfür muss auch die Stadt über genügend Flächen in eigener Hand besitzen. Daher wollen wir jeglichen Verkauf an Flächen seitens der Stadt stoppen und maximal noch in Erbpacht vergeben – vornehmlich an nicht-profitorientiere Gruppen wie Wohngenossenschaften. Insgesamt muss die Volkswohnung als wohnungspolitischer Akteur zu stärken und im Zusammenspiel mit nicht-kommerziellen Initiativen ein soziales Gegengewicht zum freien Markt zu schaffen.
Wir unterstützen den Vorschlag der Mieterinneninitiative hinsichtlich des Areal C und wollen hierbei vor allem auf zwei oben erwähnte Punkte den Fokus legen: eine 50% Sozialbindung sowie eine Vergabe an Flächen an Wohngenossenschaften und -initiativen.

Ist die sogenannte Flüchtlingskrise heute überwunden? Wo sehen Sie heute Handlungsbedarf und Verantwortung der Städte und Kommunen aber auch Europas?

Die sog. Flüchtlingskrise, besser die humanitäre Krise, ist bis heute nicht überwunden. Die europäische Union sowie die Nationalstaaten haben anstatt eine stärkere Fluchtursachenbekämpfung vorzunehmen lediglich die Abschottungspolitik gestärkt: Das Massensterben auf dem Mittelmeer hält weiter an, Seenotretter*innen werden kriminalisiert, das Asylrecht wurde weiter verschärft, mit afrikanischen Diktatoren und kriminellen Strukturen wie in Libyen werden Abkommen zur Flüchtlingsabwehr geschlossen.
Wir sehen in Verantwortung der Stadt Karlsruhe. dass sie sich für eine humane Flüchtlingspolitik stark macht. Nachdem die von uns unterstütze Seebrückenbewegung es erreicht hat, dass Karlsruhe zum sicheren Hafen wird, müssen nun Taten folgen. Hierzu gehört insbesondere Druck auf die Bundes- und Landesregierung aufzubauen, um geschildete Zustände zu ändern. Wir erwarten, dass die Stadt sich gegen Abschiebungen von in Karlsruhe wohnhaften Asylsuchenden bei den zuständigen Behörden einsetzt. Außerdem muss sie hier vor Ort das Leben der Geflüchteten verbessern. Wir wollen die Integration durch die Ausweitung von Integrationsmaßnahmen stärken z.B. durch mehr Qualifizierungskurse, mehr Kooperationen mit Arbeitgebern sowie eine enge Einbindung von zivilgesellschaftlichen Gruppen bei der Entwicklung eines Maßnahmenpakets. Außerdem wollen wir, dass die Stadt Karlsruhe eine finanzielle Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff übernimmt, um einen Beitrag zum Beenden des Sterbens auf dem Mittelmeer zu leisten.

Investiert Deutschland in ausländische Studierende, um sie nach ihrem Abschluss des Landes zu verweisen? Wie bewerten Sie den Vorwurf institutioneller Diskriminierung in diesem Zusammenhang? Welche kommunalpolitische Instrumente können helfen, motivierten und qualifizierten Arbeitssuchenden aus dem Ausland eine dauerhafte Perspektive in unserer Stadt zu bieten?

Auf kommunaler Ebene müssen Anlaufstellen für ausländische Arbeitssuchenden stärker ausgeweitet werden, um die vielfältigen Herausforderungen besser begegnen zu können. Hierfür bedarf einer intensiven Einbindung von Gewerkschaften, Arbeitnehmervertretungen und Unternehmen, um eine bessere Integration in die Arbeitswelt zu ermöglichen hinsichtlich Sprache, Arbeitskultur, Fortbildungen etc. Nachweislich haben Menschen mit Migrationshintergrund insbesondere auf dem Wohnungsmarkt mit Diskriminierung zu kämpfen, was einer dauerhaften Perspektive entgegensteht. Wir als LINKE lehnen hierbei jedoch ab, Ausländer allein unter Aspekten der Qualifizierung für den Arbeitsmarkt zu bewerten.

Wo sehen Sie die Aufgabe ihrer Partei, sich solcher Verunsicherungsmomente in der Gesellschaft anzunehmen? Kann ein demokratisches System funktionieren, wenn Politiker sich von Ängsten und Protestkultur leiten lässt?

Zunächst einmal sehen wir es für uns als LINKE als Aufgabe uns der AfD und anderen Rassisten sowohl im Parlament als auch auf der Straße entgegenzustellen. Daher sind wir aktiver Teil der Karlsruher Bündnisse gegen rechte Gruppierungen. Denn nur wenn der AfD entschieden widersprochen wird, kann sich die rechte Hetze nicht weiter ausbreiten. Der Erfolg der AfD beruht aber neben rassistischen Ressentiments zu einem Teil auch auf soziale Abstiegsängste in der Bevölkerung. Wir wollen diese Abstiegsängste lösen, indem wir den Sozialstaat wiederherstellen, um Probleme wie der Mangel an bezahlbaren Wohnraum, niedrige Renten, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Kinderarmut, etc. zu lösen. Des Weiteren sehen wir es als nötig, dass sich die Politik nicht von Ängsten leiten lässt oder diese sogar befördert, sondern klare Haltung aufzeigt. Wir erleben in Deutschland einen gesellschaftlichen Rechtsruck, auch in den Parteien. Dies zeigt sich insbesondere an der Flüchtlingspolitik, bei der alle Parteien mit Ausnahme der LINKEN an Asylrechtsverschärfungen beteiligt haben und so viele Forderungen der AfD umgesetzt haben.

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