Stadtpolitik

Umfrage zur Kommunalwahlt: Die Grünen

Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Mitgliedorganisationen der Paritätischen trotz der Kürzungen ihre Aufgaben erfüllen können? Wie werden Sie in den kommenden Jahren mit der immer weiter klaffenden Lücke im Budget der Wohlfahrtsverbände umgehen, die aus den steigenden Kosten in Folge von Tarifabschlüssen bei nicht ebenso steigenden Zuwendungen seitens der Stadt resultiert?

Auch in Jahren mit angespannter Haushaltslage sind wahllose Einschnitte in die sogenannten „freiwilligen“ Sozialleistungen der Stadt Karlsruhe kein geeigneter Lösungsweg. Hier können Kürzungen zur Preisgabe funktionierender Strukturen oder Einrichtungen führen oder deren Leistungsfähigkeit empfindlich einschränken. Allerdings ist es aber auch unvermeidlich, dass Leistungen im Sozialbereich immer wieder auf Notwendigkeit/ Erfolgsaussichten evaluiert werden. Bezgl. Kostensteigerungen durch Tarifabschlüsse werden wir versuchen zum kommenden Haushalt eine interfraktionelle Klärung herbei zu führen, wie wir mit solchen Kostensteigerungen prinzipiell umgehen wollen.

Soll der Beschluss der Haushaltsverhandlungen in Anbetracht des von der SPD initiierten Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas überdacht werden? Wann und wie würden Sie mit der Umsetzung des Projekts “gebührenfreie Kitas” beginnen? Wann werden die Eltern in Karlsruhe die ersten Veränderungen merken?

Es gibt immer noch einen sehr hohen Bedarf für eine Qualitätsverbesserung der Kitas. Dazu gehören u. a. mehr Sprachförderung, kleinere Gruppen, mehr Leitungszeit für Leiter*innen und die Umsetzung der Inklusion. Diese Qualitätsverbesserung hat für uns GRÜNE Priorität vor der sofortigen Abschaffung der Gebühren. Denn davon profitieren vor allem Kinder aus armen, sozial benachteiligten und bildungsfernen Familien. Es ist sozial gerecht, zunächst die Gebühren für mehr einkommensschwache Familien abzuschaffen und die übrigen Gebühren nach den Einkommen der Eltern sozial zu staffeln. Parallel dazu müssen die Elternbeiträge schrittweise bis zur völligen Beitragsfreiheit abgesenkt werden. Dazu gibt es einen fraktionsübergreifenden Konsens im Gemeinderat. Die Absenkung der Gebühren wird bereits 2019/20 beginnen.

Welche Initiative sind notwendig, um den Mangel an qualifizierten Fachkräften an Kitas und Ganztageschulen in der Stadt mittelfristig zu beseitigen? Wie will Ihre Partei bzw. Wählervereinigung den Ausbau von Kitas und Ganztageschulen vorantreiben und zugleich sicherstellen, dass sich – auch in Hinblick auf die eventuellen Mehrkosten für die gebührenfreien Kitas – die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vor Ort nicht verschlechtern?

Für den Ausbau der Kindertagesstätten und die Gewinnung des Fachpersonals sind hohe finanzielle Aufwendungen notwendig. Wir brauchen mindestens 1 000 zusätzliche Kitaplätze in Karlsruhe. Durch die praxisintegrierte Ausbildung der Erzieher*innen können wir mehr Quereinsteiger*innen gewinnen. Wir GRÜNE haben erreicht, dass die Zahl der PIA-Auszubildenden auf 150 erhöht wurde und keine Anrechnung auf den Personalschlüssel erfolgt. Wir wollen diese Ausbildung, bei der die Auszubildenden eine Ausbildungsvergütung bekommen, weiter ausbauen. Wir unterstützen Gehaltsverbesserungen und bessere Arbeitsbedingungen, z. B. durch die zusätzliche Einbeziehung von Heilpädagog*innen in die pädagogischen Teams. Auch ausländische Fachkräfte sollen angeworben werden und eine umfassende Sprachförderung erhalten.

Wie sieht Ihre Partei bzw. Wählervereinigung die Notwendigkeit weiterer Privatisierungen im Bereich der Karlsruher Kommunalbetriebe?

Zur Privatisierung der Wäscherei: Wir waren gegen die Privatisierung der Wäscherei aus den unten genannten Gründen und auch, weil die weiten Wäschetransporte ökologisch nicht vertretbar sind. Privatisierungen führen meistens dazu, dass die Löhne der ohnehin schon Geringverdienenden noch weiter gedrückt werden. Außerdem gehen der Stadt Know-how und Einflussmöglichkeiten verloren. Deshalb lehnen wir weitere Privatisierungen ab. Anders sieht es aus bei der Umwandlung von Ämtern wie dem Abfallamt, die tatsächlich unternehmerische Aufgaben haben, in eine weniger bürokratische Betriebsform als Eigenbetrieb. Diese Umwandlung hat die o.g. Nachteile nicht und wird deshalb auch vom Personalrat mitgetragen.

Ist für Sie ein Problem, dass 90% der AbsolventInnen von HfG, ADBK und Hochschule für Musik (HfM) nach ihrem Abschluss die Stadt verlassen? Was wollen Sie tun, um die Stadt für kreative, nicht-konsumorientierte Projekte attraktiv zu machen? Erkennt Ihre Liste bzw. Ihre Wählervereinigung das Potenzial für die Stadt, das in solchen Freiräumen und in freien Initiativen steckt? In dem Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe ist zu lesen, dass die Raumversorgung der Karlsruher Kreativ- und Kulturszene „eine besondere Herausforderung“ darstellt. Was spricht gegen eine Aufhebung des grundsätzlichen Vorrangs gewerblicher und technologischer vor kulturellen Nutzungen in Gewerbegebieten (vgl. Bebauungsplan Nr. 614)?

Es gibt in Karlsruhe eine reichhaltige Kulturszene mit vielen hochkarätigen Einrichtungen der klassischen Kultur und der freien Kultur. Von daher bestehen bereits gute Voraussetzungen für Absolvent*innen der künstlerischen und musikalischen Hochschulen, nach dem Studium hier zu bleiben. Mit dem Schlachthof gibt es den ersten Kreativpark und wir GRÜNE setzen uns für die Einrichtung eines zweiten ein. Wegen der fehlenden Räumlichen haben wir bereits vielfältige Initiativen ergriffen und werden weitere ergreifen, dazu gehören die Klärung, ob kirchliche Liegenschaften für kulturelle Nutzungen gepachtet werden können. Im Hafengebiet und im gewerblichen Bereich sehen wir ein hohes Potenzial, das längst noch nicht ausgeschöpft wird.  Die Aufhebung des Vorrangs der gewerblichen und technologischen Nutzung vor kulturellen Nutzungen wollen wir im Detail überprüfen lassen.

Haben Sie ein Konzept, um preisgünstigen und sozialen Wohnungsbau zu fördern?
Welche konkrete Maßnahmen würden Sie „als Allererste“ umsetzen, um die Wohnsituation der Karlsruher Bevölkerung zu verbessern? Wie stehen Sie zum Vorschlag der Mieterinneninitiative Karlsruhe, das Areal C in der Nordstadt als Objekt einer „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ gemäß § 165 BauGB auszuweisen, um weitreichende Einflussmöglichkeiten durch die öffentliche Hand, vor allem im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau, zu erhalten?

Durch das von uns GRÜNE initiierte KAI und KaWoF werden bereits für neu ausgewiesene Wohnbaugebiete so starke Vorgaben für Anteile von günstigen Mietwohnungen gemacht, wie sie rechtlich zulässig sind.

Wir haben zusätzlich im Gemeinderat beantragt, dass die Stadt und die städtischen Gesellschaften (insbesondere Volkswohnung) grundsätzlich keine für Wohnen geeigneten Grundstücke mehr verkaufen. Dadurch kann die Stadt auf Dauer die Höhe der Mieten beeinflussen (das wird voraussichtlich im März entschieden).

Beim C-Areal war der entscheidende Fehler, dass die „Bundesanstalt für Immobilienfragen“ das Gelände zum Höchstpreis verkauft hat. Dadurch hatte die Stadt keine Chance, das Gelände zu erwerben und die Nutzung zu bestimmen. Eine „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ ist im Vorfeld eines Bebauungsplans möglich. Dieser Zeitpunkt wurde aber verpasst, da ein Bebauungsplanverfahren läuft. Derzeit verhandelt die Verwaltung mit dem Investor über einen städtebaulichen Vertrag, in dem möglichst viele Dinge auch im Sinne von einem Anteil an Wohnungen mit günstigen Mieten und einem Anteil für genossenschaftliches Bauen geregelt werden sollen. Dabei muss aber die Wirtschaftlichkeit des Projektes gewahrt bleiben, weil es sonst einer Enteignung gleich käme. Dass der Investor bereits mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht hat, zeigt uns, dass die Stadt wirklich an die Grenzen des Zulässigen geht.

Beim südlichen Teil dieses Gebiets, das noch dem Land gehört, haben die Beteiligten aus diesen Fehlern gelernt: Dieses Gelände wird an die Stadt verkauft. Und das wollen wir dann nicht mehr hergeben, um auf Dauer die Mieten beeinflussen zu können (siehe oben).

Ist die sogenannte Flüchtlingskrise heute überwunden?
Wo sehen Sie heute Handlungsbedarf und Verantwortung der Städte und Kommunen aber auch Europas?

Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass jedes Kind – unabhängig vom Herkunftsland – das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Bildung und Ausbildung erhält. Die Schaffung von Chancengleichheit im Bildungssystem ist leider noch immer nicht erreicht. Noch immer besuchen besonders Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, vor allem auch unbegleitete minderjährige Geflüchtete, seltener das Gymnasium. U.a. aufgrund der ungünstigeren schulischen Voraussetzungen gelingt seltener der Übergang in eine Ausbildung, aber auch der Verbleib in dieser. Wir setzen uns dafür ein, im gesamten Bildungsbereich flächendeckende passgenaue Unterstützungsangebote, insbesondere zum Spracherwerb, zu schaffen sowie die Eltern von Anfang an gezielt im Rahmen einer verbesserten und koordinierten Beratungsstruktur als Unterstütz*innen anzusprechen und zu gewinnen.

In Abstimmung mit Landes- und Bundesbehörden wollen wir pragmatische Lösungen finden, um die Aufnahme- und Lebensbedingungen auch für Geduldete humanitär zu gestalten und ihnen angemessene Integrationsperspektiven bieten. Perspektivisch soll daraus ein Runder Tisch entstehen, an dem die verschiedenen Akteure wie Stadtverwaltung, Ausländerbehörde, Arbeitsagentur, Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsvertreter*innen, engagierte Bürger*innen, Unternehmen, IHK und Handwerkskammer, Gewerkschaften und andere relevante Institutionen sich über Handlungsmöglichkeiten austauschen können. Zusammen mit den Unternehmen wollen wir dafür kämpfen, dass alle, die in Ausbildung oder Arbeit sind, einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommen und vor Ausweisung geschützt werden.

Investiert Deutschland in ausländische Studierende, um sie nach ihrem Abschluss des Landes zu verweisen? Wie bewerten Sie den Vorwurf institutioneller Diskriminierung in diesem Zusammenhang? Welche kommunalpolitische Instrumente können helfen, motivierten und qualifizierten Arbeitssuchenden aus dem Ausland eine dauerhafte Perspektive in unserer Stadt zu bieten?

Im vergangenen Jahr hat das IBZ eine Veranstaltung als eine Art Messe im Gebäude des IBZ mit Handwerksbetrieben organisiert. Diese „Minimesse“ hat sich direkt an Flüchtlinge und Interessierte aus Kreisen des IBZ gerichtet. Es war ein spannendes Format, das gut angenommen wurde. Insbesondere im handwerklichen Bereich muss die Stadt Anstrengungen unterstützen, um Menschen mit Migrationshintergrund als Fachkräfte dauerhaft an Karlsruhe zu binden. Im Aktionsprogramm Handwerk der Stadt muss das Thema deshalb einen hohen Stellenwert einnehmen.

Wo sehen Sie die Aufgabe ihrer Partei, sich solcher Verunsicherungsmomente in der Gesellschaft anzunehmen? Kann ein demokratisches System funktionieren, wenn Politiker sich von Ängsten und Protestkultur leiten lässt?

Unsere Aufgabe sehen wir darin, die Mitwirkungs- und Artikulationsmöglichkeiten der Bürger*innen weiter auszubauen und darauf zu achten, dass Bürger*innen von der Verwaltung respektvoll behandelt werden, ihre Anliegen ernst genommen werden. Das Jugendforum ist dafür ein gutes Beispiel.
Wir selbst als GRÜNE Fraktion achten darauf, auf Anfragen und sonstige Beiträge von Bürger*innen schnell zu reagieren und das Gespräch zu suchen, zuzuhören aber auch unseren Standpunkt mitzuteilen. Wichtig ist uns, klar Farbe zu bekennen, wenn es um menschenfeindliche Äußerungen egal welcher Art geht. Wir bemühen uns, die Vorteile der Demokratie anschaulich zu machen, dafür zu begeistern. Gleichzeitig stellen wir verunsicherten Bürger*innen gegenüber durch unseren Einsatz, z.B. für soziale Gerechtigkeit und kulturelle Teilhabe, klar, dass jeder Mensch dazugehört und in jeder Hinsicht einen Platz in unserer Gesellschaft haben soll.

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