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Umfrage zur Kommunalwahl: FDP

Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Mitgliedorganisationen der Paritätischen trotz der Kürzungen ihre Aufgaben erfüllen können?
Wie werden Sie in den kommenden Jahren mit der immer weiter klaffenden Lücke im Budget der Wohlfahrtsverbände umgehen, die aus den steigenden Kosten in Folge von Tarifabschlüssen bei nicht ebenso steigenden Zuwendungen seitens der Stadt resultiert?

Wir benötigen in Karlsruhe einen „Sozial-Gipfel“. Wir müssen in der nächsten Sitzungsperiode dringend klären, welche Angebote auch durch Krankenkasse oder Sozialministerium abgedeckt werden und welche Programme nur durch die Träger vor Ort funktionieren. Teilweise haben sich Zahlungen an die „großen“ Sozialunternehmen eingeschliffen, welche auch durch z.B. die Krankenkassen übernommen werden würden. Hier ist es notwendig einen transparenten Kassensturz zu machen. Danach kann der Rat seriös entscheiden, welche Angebote der Mitgliedsorganisationen aus systemimanent aus dem städtischen Haushalt getragen werden müssen.

Soll der Beschluss der Haushaltsverhandlungen in Anbetracht des von der SPD initiierten Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas überdacht werden?
Wann und wie würden Sie mit der Umsetzung des Projekts “gebührenfreie Kitas” beginnen?
Wann werden die Eltern in Karlsruhe die ersten Veränderungen merken?

Der vorliegende Beschluss sorgt dafür, dass jetzt direkt überdacht werden muss, was mit dem vorhandenen Fonds geschieht. Wir würden vorschlagen, hier abzuwarten was sich auf Landesebene entwickelt. Grundsätzlich sollte die kostenfreie KiTa eine Initiative des Landes ein. Da nun über den Fonds entschieden werden muss, sollten Eltern bereits ab 2010 etwas merken, so der neue Gemeinderat in diese Richtung entscheidet.

Welche Initiative sind notwendig, um den Mangel an qualifizierten Fachkräften an Kitas und Ganztageschulen in der Stadt mittelfristig zu beseitigen?
Wie will Ihre Partei bzw. Wählervereinigung den Ausbau von Kitas und Ganztageschulen vorantreiben und zugleich sicherstellen, dass sich – auch in Hinblick auf die eventuellen Mehrkosten für die gebührenfreien Kitas – die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vor Ort nicht verschlechtern?

Diese Frage wird immanent darüber entscheiden, ob eine Beitragsfreiheit rein aus städtischen Mitteln überhaupt zum Tragen kommt. Die pädagogische Qualität darf nicht leiden. Gleichermaßen dürfen die Beschäftigte nicht die Leidtragenden einer Gebührenfreiheit werden. Auch hier muss man festhalten, dass das Thema in Wahlkampfeuphorie von einigen Parteien zu schnell und unüberlegt angegangen wurde. Wir müssen klären, was das Land finanziert (evtl. sogar voll) und was die Kommunen ausgleichen müssen. Hinzu kommt die Frage, was die Kommune oder das Land dann an freie Träger als Ausgleich zahlen muss, bzw. was diese überhaupt noch anbieten können. Derzeit stehen wir vor der Quadratur des Kreises. Es müssen alle Belange auf den Tisch und dann ein Finanzierungsmodell erarbeitet werden. Zeitlich sehen wir einen Beschluss (wenn es nur städtisch wäre) frühestens Richtung 2021.

Wie sieht Ihre Partei bzw. Wählervereinigung die Notwendigkeit weiterer Privatisierungen im Bereich der Karlsruher Kommunalbetriebe?

Eine Privatisierung von Teilbereichen oder kommunalen Betrieben muss stets dem Steuerzahler etwas bringen. Ein reines „an den Markt gehen“ bringt niemandem etwas. In manchen Bereichen arbeitet die öffentliche Hand von Anfang an mit privatwirtschaftlichen Unternehmen zusammen und hat gute Erfahrungen gemacht. Privatisierungen müssen behutsam geprüft und wenn zum gesamtstädtischem Nutzen umgesetzt werden. Die „blaue Tonne“ z.B. ist ein Paradebeispiel dafür, warum Dinge nicht staatlich geregelt sein müssen.

Ist für Sie ein Problem, dass 90% der AbsolventInnen von HfG, ADBK und Hochschule für Musik (HfM) nach ihrem Abschluss die Stadt verlassen?

Was wollen Sie tun, um die Stadt für kreative, nicht-konsumorientierte Projekte attraktiv zu machen?
Erkennt Ihre Liste bzw. Ihre Wählervereinigung das Potenzial für die Stadt, das in solchen Freiräumen und in freien Initiativen steckt?

In dem Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe ist zu lesen, dass die Raumversorgung der Karlsruher Kreativ- und Kulturszene „eine besondere Herausforderung“ darstellt. Was spricht gegen eine Aufhebung des grundsätzlichen Vorrangs gewerblicher und technologischer vor kulturellen Nutzungen in Gewerbegebieten (vgl. Bebauungsplan Nr. 614)?

Die Frage beinhaltet mehrere komplexe Probleme. Zuerst die Frage bzgl. der Absolventinnen und Absolventen, die die Stadt verlassen. In der Kultur sollte eine Künstlerin oder ein Künstler auch durchaus mehr von der Welt sehen als die Stätte seine Ausbildung. Das Verlassen der Stadt ist nicht per se Ausdruck davon, hier keine Möglichkeiten vorzufinden, sondern gehört auch zum künstlerischen Leben. Die Stadtverwaltung in Karlsruhe macht sich das Leben häufig selber schwer, gerade, wenn es um Räume für Kultur geht. Eine generelle Entscheidung für eine kulturelle Nutzung auf einem Areal wurde noch nie getroffen. Das „perfekt Futur“ ist nicht geeignet für freischaffende Künstlerinnen oder Künstler und eine Art „Kulturpark“ wie der einstige Kreativpark-Ost in München o.ä. wird hier derzeit nicht angedacht. Eine kulturelle Nutzung in den Gewerbegebieten muss gefördert werden und die problematischen Momente (Veranstaltungsstättenverordnung versus Gewerbegebiet) muss in den nächsten Jahren angegangen werden, wenn Karlsruhe den Anschluss an die deutsche Kreativszene nicht gänzlich verlieren will.

Haben Sie ein Konzept, um preisgünstigen und sozialen Wohnungsbau zu fördern?
Welche konkrete Maßnahmen würden Sie „als Allererste“ umsetzen, um die Wohnsituation der Karlsruher Bevölkerung zu verbessern?

Wie stehen Sie zum Vorschlag der Mieterinneninitiative Karlsruhe, das Areal C in der Nordstadt als Objekt einer „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ gemäß § 165 BauGB auszuweisen, um weitreichende Einflussmöglichkeiten durch die öffentliche Hand, vor allem im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau, zu erhalten?

Die FDP hat in den vergangen Jahren viele Vorschläge zu dem Thema gemacht. Erst jetzt wieder eine Wohnungsbauinitiative in den Gemeinderat eingebracht. Einerseits schlugen wir vor, die von der Verwaltung genutzten Bauten frei zu machen und Innenstadtwohnen zu ermöglichen, des Weiteren ging es um den Ausbau von Dachgeschossen oder das Überbauen von Discounter-Parkflächen. Letzteres wäre eine Initiative die wir gerne sofort angehen würden (wir wären damit nicht die erste Kommune). Beim C-Areal sind 20% sozialer Wohnungsbau eigeplant. Hier sollte vor allem die Baugenehmigung erfolgen, wenn wir nicht noch länger auf Wohnraum warten wollen. Die Verfahren müssen beschleunigt werden, damit schnell mehr bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Zusätzlich ist uns die rasche Änderung in der Bauordnung wichtig, um auch das Thema „Tiny-House“ an den Start zu bringen.

Ist die sogenannte Flüchtlingskrise heute überwunden?
Wo sehen Sie heute Handlungsbedarf und Verantwortung der Städte und Kommunen aber auch Europas?

Auch wir in Karlsruhe können den ehrenamtlichen nicht genug danken. Was in dieser Zeit alles erarbeitet wurde war enorm und wäre von staatlicher Seite nicht möglich gewesen. Das Thema „Flucht“ umspannt die gesamte Welt. In der Verantwortung Europas sehen wir vor allem den formellen Akt. Ein Vorstoß der Liberalen in Europa, die Möglichkeit den Asylantrag im Ausland zu stellen wurde leider abgelehnt. Europa muss die Bedingungen setzen, dass Menschen in Not geholfen werden kann. Die Kommunen müssen eine Infrastruktur vorhalten, um auf die Zunahme von Geflüchteten rasch reagieren zu können.

Investiert Deutschland in ausländische Studierende, um sie nach ihrem Abschluss des Landes zu verweisen? Wie bewerten Sie den Vorwurf institutioneller Diskriminierung in diesem Zusammenhang? 
Welche kommunalpolitische Instrumente können helfen, motivierten und qualifizierten Arbeitssuchenden aus dem Ausland eine dauerhafte Perspektive in unserer Stadt zu bieten?

Die FDP fordert seit langem hier ein klar geregeltes Zuwanderungsgesetzt. Das jetzt erst vorgestellte und dann aktuell verschobene Fachkräftegesetzt greift da zu kurz. Kommunal haben wir nur die Möglichkeit auf die Behörden einzuwirken bzw. Grundlagen zu liefern, aber am Ende hängen wir an der Bundesgesetzgebung.

Wo sehen Sie die Aufgabe ihrer Partei, sich solcher Verunsicherungsmomente in der Gesellschaft anzunehmen?
Kann ein demokratisches System funktionieren, wenn Politiker sich von Ängsten und Protestkultur leiten lässt?

Alle politischen Akteure müssen zugeben, dass das „zuhören“ in den letzten Jahren gelitten hat. Pegida und AfD sind ein gesamtgesellschaftliches Produkt und die Politik hat zu lange zugesehen und nicht gehandelt. Diese Verantwortung müssen wir nun alle gemeinsam annehmen. Ja, viele Menschen haben Sorgen und Ängste, was die Zukunft betrifft. Die Politik ist aufgefordert, sich diesen zu stellen. In guten Ansätzen gelingt dies immer mehr.
Angst darf keine Leitlinie sein. Politikerinnen und Politiker brauchen Mut, um ihre Arbeit machen zu können. Zu diesem Mut sollten die Parteien des demokratischen Verfassungsbogens gemeinsam zurückfinden.

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