Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Mitgliedorganisationen der Paritätischen trotz der Kürzungen ihre Aufgaben erfüllen können? Wie werden Sie in den kommenden Jahren mit der immer weiter klaffenden Lücke im Budget der Wohlfahrtsverbände umgehen, die aus den steigenden Kosten in Folge von Tarifabschlüssen bei nicht ebenso steigenden Zuwendungen seitens der Stadt resultiert?
Bei den vorletzten Haushaltsverhandlungen des Gemeinderates (für 2017/18) wurden die Wohlfahrtsverbände und sozial tätige Organisationen über Gebühr zur Haushaltskonsolidierung (HSPKA) herangezogen, deutlich stärker als z. B der Kulturbereich und insbesondere das Staatstheater, bei dem nur 1% gekürzt wurde. Diesen Umstand haben wir damals und auch bei den letzten Haushaltsverhandlungen vor wenigen Monaten (für 2019/20) kritisiert, die meisten Anträge für die Aufstockung der Mittel der Wohlfahrtsverbände und sozial tätige Organisationen mitgetragen und auch selbst Anträge zur Höherfinanzierung einiger Wohlfahrtsverbände und sozial tätiger Organisationen gestellt. Mit dieser Unterstützung von Seiten der AfD können diese Institutionen auch bei den nächsten Haushaltsverhandlungen in ca. 18 Monaten rechnen.
Soll der Beschluss der Haushaltsverhandlungen in Anbetracht des von der SPD initiierten Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas überdacht werden?
Wann und wie würden Sie mit der Umsetzung des Projekts “gebührenfreie Kitas” beginnen? Wann werden die Eltern in Karlsruhe die ersten Veränderungen merken?
Wir haben uns in der zu Ende gehenden Legislaturperiode – noch vor der SPD – als eine der ersten Gruppierungen des Karlsruher Gemeinderats für gebührenfreie Kitas stark gemacht. Wenn das in Rheinland-Pfalz geht, das gleichzeitig im Rahmen des Länderfinanzausgleiches kontinuierlich beträchtliche Summen von Baden-Württemberg erhält, muss es hier bei uns im Ländle doch auch möglich sein. Wir werden die Einführung gebührenfreier Kitas auch weiterhin unterstützen, da diese für uns ein ganz wichtiger Faktor bei der Umsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau sind. Außerdem wollen wir im Rahmen unserer Initiative „Willkommenskultur für Kinder“ alles tun, um gerade unseren jüngeren Mitbürgern die Angst davor zu nehmen, Kinder zu bekommen. Das ist uns sehr wichtig.
Welche Initiative sind notwendig, um den Mangel an qualifizierten Fachkräften an Kitas und Ganztageschulen in der Stadt mittelfristig zu beseitigen? Wie will Ihre Partei bzw. Wählervereinigung den Ausbau von Kitas und Ganztageschulen vorantreiben und zugleich sicherstellen, dass sich – auch in Hinblick auf die eventuellen Mehrkosten für die gebührenfreien Kitas – die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vor Ort nicht verschlechtern?
Mit der Einrichtung der 150 zusätzlichen Stellen der Praxis-Integrierten Ausbildung (PIA), die im Gemeinderat auch mit unseren Stimmen beschlossen wurde, und mit dem Beschluss, diese Stellen nicht auf den Betreuungsschlüssel der einzelnen Kitas anzurechnen, den wir ebenfalls unterstützt haben, tut die Stadt Karlsruhe bereits sehr viel, um die nötigen zusätzlichen Fachkräfte in Karlsruhe auf hohem Niveau auszubilden. Wir gehen daher davon aus, dass mit diesen Mitteln auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Betreuung der Kinder in allen Kitas sichergestellt werden kann. Außerdem sind unseres Erachtens zusätzliche Hort-Plätze bzw. Nachmittagsbetreuungsplätze für Grundschüler erforderlich, deren Schaffung wir anstelle der Einrichtung neuer Ganztagesgrundschulen fordern. Hort und Nachmittagsbetreuung haben gegenüber der Ganztagesschule den Vorteil, dass sie flexibel und freiwillig sind. Die Eltern können ihre Kinder also an den Nachmittagen, an denen Vereinsaktivitäten oder familiäre Termine anstehen, einfach früher abholen.
Wir werden diese Entwicklungen weiterhin kritisch beobachten und – wenn sich die Notwendigkeit ergibt – weitere Anstrengungen dieser Art von Seiten der Stadt unterstützen bzw. einfordern.
Wie sieht Ihre Partei bzw. Wählervereinigung die Notwendigkeit weiterer Privatisierungen im Bereich der Karlsruher Kommunalbetriebe?
Grundsätzlich ist bei allen Dienstleistungen der öffentlichen Hand, jenseits der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben und der Daseinsvorsorge, im Interesse der Bürger zu prüfen, ob eine Privatisierung sinnvoll ist. Eine Privatisierung darf nicht dazu führen, dass bei gleichen Kosten die Qualität und der Umfang der angebotenen Dienstleistungen sinken, bzw. die Kosten für die gleichen Dienstleistungen bei Privatisierung steigen, so wie es beispielsweise bei den großen Stromversorgern der Fall ist. Daher muss in jedem Fall genau geprüft werden, ob eine Privatisierung wirklich die bessere Lösung ist.
Ist für Sie ein Problem, dass 90% der AbsolventInnen von HfG, ADBK und Hochschule für Musik (HfM) nach ihrem Abschluss die Stadt verlassen?
Nein, denn es zeigt nur, dass diese Institutionen national wie international einen guten Ruf besitzen und eine qualitativ so hochwertige Arbeit leisten, dass Ihre Absolventen überall gesucht sind.
Was wollen Sie tun, um die Stadt für kreative, nicht-konsumorientierte Projekte attraktiv zu machen?
Die Stadt Karlsruhe ist für solche Projekte bereits sehr attraktiv, wie man zum Beispiel im alten Schlachthof, aber auch in anderen Arealen feststellen kann. Wir wollen mithelfen, dieses hohe Maß an Möglichkeiten für kreative Projekte beizubehalten, auch weil damit u. a. kreative Projekte gefördert werden, aus denen erfolgreiche Firmen und künftige Arbeitgeber werden können.
Erkennt Ihre Liste bzw. Ihre Wählervereinigung das Potenzial für die Stadt, das in solchen Freiräumen und in freien Initiativen steckt?
Ja, wie man anhand unserer Antwort auf die obige Frage erkennen kann.
In dem Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe ist zu lesen, dass die Raumversorgung der Karlsruher Kreativ- und Kulturszene „eine besondere Herausforderung“ darstellt. Was spricht gegen eine Aufhebung des grundsätzlichen Vorrangs gewerblicher und technologischer vor kulturellen Nutzungen in Gewerbegebieten (vgl. Bebauungsplan Nr. 614)?
Es ist eine wichtige Aufgabe der künftigen Stadträte, dafür zu sorgen, dass verschiedene Interessensgruppen in unserer Stadt nicht gegeneinander ausgespielt, sondern Win-Win-Situationen geschaffen werden. Das gilt auch bei diesem Thema, denn mit der derzeit zu beobachtenden Wandlung der IT- und der Kommunikations-Branchen hin zum Kreativen, Avantgardistischen ist eine funktionierende Kreativszene ein großer Standortvorteil für den Erfolg der in ihrer Nähe beheimateten IT- und Kommunikationsfirmen, die in Karlsruhe entscheidend zum Steueraufkommen der Stadt beitragen.
Haben Sie ein Konzept, um preisgünstigen und sozialen Wohnungsbau zu fördern? Welche konkrete Maßnahmen würden Sie „als Allererste“ umsetzen, um die Wohnsituation der Karlsruher Bevölkerung zu verbessern? Wie stehen Sie zum Vorschlag der Mieterinneninitiative Karlsruhe, das Areal C in der Nordstadt als Objekt einer „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ gemäß § 165 BauGB auszuweisen, um weitreichende Einflussmöglichkeiten durch die öffentliche Hand, vor allem im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau, zu erhalten?
Wir halten die bisher in Karlsruhe angewandten Instrumente zur Bereitstellung von Sozialwohnungen für leistungsfähig – allen voran die Volkswohnung – und plädieren dafür, sie einfach ihre Arbeit machen zu lassen. Zudem haben wir hier in Karlsruhe starke, von der Stadt unabhängige Wohnungsbaugesellschaften, die den Bürgern ebenfalls bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Auch deren Arbeit halten wir für wertvoll. Generell darf man aber nicht vergessen, dass Karlsruhe den Bau von zusätzlichen Wohnungen betreffend vor eigentlich unlösbaren Aufgaben steht: Nach der städtischen Statistik („Kleinräumige Bevölkerungsprognose 2035“, Abb. 3.4) und der des Regionalverbands (Studie „Wer wohnt wie?“, 07/2018, Abb. 2.06 u. 2.12) sind in den Jahren 2012 bis 2015 14.036 bzw. 15.332 Personen aus dem Ausland und 1.030 bzw. 540 Deutsche zugezogen; für die nächsten 5 bis 10 Jahre wird eine Fortsetzung dieses Zuzugs erwartet. Aus unserer Sicht dürfen dabei die Interessen der bereits hier wohnenden Bürger nicht aus den Augen gelassen werden. Vor diesem Hintergrund halten wir Nachverdichtungsmaßnahmen, die das direkte Wohnumfeld vieler Karlsruher verändern und belasten, für nicht zumutbar. Projekte wie das C-Areal, bei dem fast gar nicht in das bereits bestehende Wohnumfeld Karlsruher Bürger eingegriffen wird, halten wir dagegen dann für akzeptabel, wenn vor der Realisierung auch für die dabei verdrängten Sportvereine eine akzeptable Lösung gefunden wird.
Ist die sogenannte Flüchtlingskrise heute überwunden?
Nein. Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland streben und als Flüchtlinge erfasst werden, geht zwar zurück, dafür nimmt der Familiennachzug, der nicht darunter erfasst wird, zu. Des Weiteren erfolgt die Rückführung von Menschen ohne Bleibeperspektive (z.B. abgelehnte Asylbewerber) nur schleppend und oftmals ohne Erfolg (Wiedereinreise).
Wo sehen Sie heute Handlungsbedarf und Verantwortung der Städte und Kommunen aber auch Europas?
Integrationsmaßnahmen machen nur Sinn für Menschen mit Bleibeperspektive (z.B. anerkannte Asylbewerber). Der Schutz der europäischen, bzw. der deutschen Grenzen vor illegaler Einreise ist uns ebenfalls wichtig.
Innerhalb der EU müsste zudem deutlich mehr getan werden, um den Menschen aus ärmeren EU-Ländern eine Bleibeperspektive vor Ort in ihrer Heimat zu schaffen. In Karlsruhe haben die Rumänen vor kurzem die Türken als stärkste Ausländergruppe abgelöst. Ist es richtig, dass wir mithelfen, Rumänien auszubluten, nur weil wir hier in Karlsruhe noch mehr Arbeitskräfte haben wollen, die bereit sind, dieselbe Arbeit für deutlich weniger Geld auszuüben? Diese Menschen würden sicher viel lieber in ihrer Heimat bleiben, wenn sie dort gutes Geld verdienen könnten. Dafür müssen wir sorgen, anstatt hier bei uns den weniger gut ausgebildeten unter den bereits länger hier lebenden Menschen aufgrund der neuen Konkurrenz aus Rumänien und Bulgarien ihren Broterwerb zu entziehen.
Investiert Deutschland in ausländische Studierende, um sie nach ihrem Abschluss des Landes zu verweisen?
Ausländischen Studenten wird ihr Studium in Deutschland vielfach durch ein Stipendium ihres Heimatlandes ermöglicht, damit sie anschließend ihrem Heimatland als qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Solche Menschen gezielt in Deutschland anzuwerben, konterkariert die Bemühungen der Herkunftsländer, das Bildungsniveau ihrer Einwohner zu erhöhen.
Wie bewerten Sie den Vorwurf institutioneller Diskriminierung in diesem Zusammenhang?
Diesen Vorwurf halten wir für nicht gerechtfertigt und aus einem gewissen nationalen Egoismus heraus entwickelt: Es kann nicht unser Ziel sein, ausländische Studierende, die wir in Deutschland u. a. auf Kosten der Steuerzahler studieren lassen, um ihren Heimatländern qualifizierte Absolventen zur Verfügung zu stellen, die den Aufbau der Wirtschaft ihrer Heimatländer vorantreiben und ihnen damit zu einem renommierten Platz in der Weltgemeinschaft verhelfen können, am Ende ihres Studiums gerade diesen Ländern vorzuenthalten. Würden wir als Deutsche so vorgehen, könnte man uns zurecht Egoismus vorwerfen.