Stadtleben

Dem Sturm trotzend

Konkurrenzlos - das Fest der Begegnung im Garten der Religionen

Immer im Kreis Foto: Renate Schweizer

Der (Un-) Wetterservice der BGV Badische Versicherungen, in Kooperation mit UBIMET, versetzte mir mit seiner SMS um 13:38 einen Schrecken: Wetterwarnung mit Sturm Warnstufe ROT, gültig ab Sonntag, 23.09.18, 15:00 Uhr bis 24.09.18 1:00 Uhr. „Von Sonntagnachmittag bis Sonntagnacht erreicht der Sturm von Südwest auf Nordwest drehende Wind zeitweise Sturmstärke. Besonders in freien und exponierten Lagen sind Spitzenböen von 80 bis 100 km/h zu erwarten. “

Keine guten Wetter-Aussichten, dachte ich, für das Vielfalt-Fest Garten der Religionen, mit seinem 3. Geburtstag, auf dem ich als Kinder-Highlight, mit meinem wieder aktivierten Mobilen Puppentheater Mimy Mutig und der Mal-Aktion „Fahnen für mehr Liebe“ ab 14:30 Uhr angekündigt war.

Die Läufer beim Baden Marathon, der ebenfalls am Sonntag stattfinden sollte, würden evtl. gerade noch von Regen und Sturm verschont bleiben und wieder rechtzeitig zu Hause ankommen. Für das ganztägig stattfindende „Welt-Kindertags-Fest“ im Otto-Dullenkopf-Park, waren die Aussichten auch eher nass und stürmisch.

Im Osten und Südosten der Stadt sollte es am Sonntag also viel Angebote und Programm für die Anwohner und Karlsruher geben. So war mit dem Wetter, dem Marathonlauf und vor allem mit dem Weltkindertagsfest mit mächtiger Konkurrenz zu rechnen. Etwas verunsichert war ich zudem, ob und wie das Fest „Garten der Religionen“ generell bei den Menschen ankommen würde, da ich beim Verteilen der Einladungsflyer mehrmals von Eltern angeschaut worden war, als wäre ich von den „Zeugen Jehovas“ und würde mit der Verlockung „kostenloses Kettenkarussell und Puppentheater“ ihre unschuldigen Kinder in eine Sekte locken wollen. Dabei wollte ich sie nur freudig auf die angebotenen „Kinder-Highlights“ aufmerksam machen. Als Kind habe ich Kettenkarussell geliebt und als Erwachsene betrauere ich es, dass ich nun zu gewichtig dafür bin. Dafür bediene ich nun das Karussell und nehme die Begeisterung der Kinder als Surrogat tröstend in mich auf … 😉

Mit prall gefülltem Puppentheaterkoffer, Mimy-Mutig-Klamotten zum Umziehen, Fahnen, Malstiften und Frau Schiller, meiner treuen, vierbeinigen Begleiterin, machte ich mich also am Sonntagmorgen hoffnungsvoll und zuversichtlich auf den Weg zum City-Park, um rechtzeitig vor Ort zu sein. An den aufmunternd Rufenden, für die Marathonläufer in der Stuttgarter-Straße vorbei, sah ich von Weitem schon dieses süße, mir bereits von den beiden Geburtstagsfesten in den Vorjahren vertraute, Kinderkettenkarussell. Kühlwagen, Bänke, Tische und Zelt, für die Speis- und Trank-Köstlichkeiten waren bereits aufgebaut worden, die Helfer für den Caterer schon da. Die Drehorgel von Jochen Freiberger (SchatzINsel und freireligiöse Gemeinde) war noch in Stoff gehüllt und wartete geduldig auf ihren musikalischen Festeröffnungseinsatz, mit „Die Gedanken sind frei“ zum Mitsingen.

Alle Anwesenden waren zum Einsatz für das Geburtstagsfest Garten der Religionen bereit. Mit „Ach und Krach“ hatte es die Vorsitzende Mirja Kon-Thederan geschafft, alle für ein gelingendes Fest notwendigen Posten mit Helfern und Helferinnen zu besetzen. Jetzt war die Hoffnung groß, dass die ganzen Mühen durch das Wetter nicht ad absurdum geführt wurden. Es wäre schade drum, denn das Festprogramm Vielfalt-Fest Garten der Religionen war wirklich einzigartig, nicht nur für Karlsruhe. Das fanden dann auch die, erfreulich zahlreichen Besucher und Besucherinnen.

Das Besondere an diesem Fest: Es waren Begegnungen mit Menschen möglich, die ihre Lebenskraft und Seelennahrung aus dem Glauben einer Religion schöpfen, von der sie überzeugt sind. Diese Menschen waren zum Anfassen, Anhören, Mitdiskutieren, kritisch Befragen… Anhänger der Bahái Religion, des Buddhismus, Judentum, Christentum, Hinduismus, Islam, Freireligion. Jüdische Musik vom Chor Alef, Lieder vom Chor arabisch-deutscher Songs, indische Tänze, Sufi-Trommeln und mehr standen auf dem Programm. Während eines Spaziergangs durch den Außenkreis des Gartens der Religionen wurde ein religionsloser Blick auf den Garten geworfen und man war eingeladen, sich über seine „Motive und Chancen“ zu informieren und darüber zu diskutieren.

Ein „Fest für alle“ sollte es werden und wurde es auch. Zwar setzten ständige, die Richtung wechselnde, starke Winde, Zelt und Aktivitäten immer wieder Grenzen. Flexibilität und so manch sportlicher Rettungseinsatz waren immer wieder mal gefordert. Aber trotz Regentropfen, Wind und Sonne im Wechsel, war der Garten wirklich gut besucht und die Atmosphäre heiter, fröhlich und friedvoll.

Am schönsten, heitersten und besonders vielfarbig war es mit den Kindern. Wieder mal bestätigte sich mir, dass ihnen Herkunft, Nationalität und Religion einerlei sind. Ihr fröhliches Lachen beim Karussellfahren war ansteckend. Manch Mutter und Vater folgten meiner Bitte, das kleine alte Karussell, zu Beginn der nächsten Runde, mit einem extra Schwung anzuschieben, mit vollem Einsatz. Die Freude der Kinder am Bemalen der „Fahnen für mehr Liebe“ mit bunten Farbstiften begeisterte Eltern und mich ebenso.

Ein für mich ganz besonderes Highlight an diesem Festtag war es, die Entwicklung eines ängstlichen Jungen mit körperlichem Handicap, zum nimmermüden Kettenkarussellfahrer begleiten und das Glück und die Dankbarkeit der Eltern erleben zu dürfen.

Die anwesenden Kinder und ich wollten keinen Meter vom Karussell entfernt sein und so kam es, dass die dort stehende Sitzbank (aus dem Holz des einstigen KA300-Pavillion gefertigt) kurzerhand zum Maltisch, für die „Fahnen für mehr Liebe“ umfunktioniert wurde, vor dem die malenden Kinder und ich knieten.

Meine Betriebsamkeit am Maltisch und Karussell sowie das unberechenbare Wetter verhinderten dann leider den Einsatz von Mimy Mutig mit ihrem Puppentheater. Die allesamt aus Stoff hergestellten Theaterpuppen wollten sich partout nicht dem jederzeit aufkommenden, stürmischen Regenwetter aussetzen. Als Ersatz und zum Trost gab es eine Streicheleinheit mit Frau Schiller, eine weitere „Fahne für mehr Liebe“ zum Bemalen und nochmals eine Runde auf dem Kettenkarussell mit musikalischer Begleitung auf der Drehorgel.

Der dann tatsächlich eintretende, heftige Regenguss, der die Veranstaltungen vorzeitig beendete, konnte meine Freude über ein sehr gelungenes Fest der Begegnung jedenfalls nicht trüben.

An solchen Tagen lebe ich gerne in Karlsruhe.

Renate Schweizer

 

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