Beiträge für eine Lebendige Streitkultur in Karlsruhe

Stadtleben

Luxus Wohnen: „Nischenwohnraum“

Das Geschäft mit der Not von Wohnungslosen und Studierenden

Karikatur: Carla Holbein

Wohnraum ist eine Ware. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Die Nachfrage für Wohnraum in Karlsruhe ist groß und wachsend. Da das Angebot nicht in ausreichendem Maße erweitert wird, steigen die Preise. Den Regularien, um in die freie Preisbildung einzugreifen und dadurch den Wohnungsmarkt zu regulieren – dem Karlsruher Mietspiegel, dem sozialen Wohnungsbau, dem Wohngeld oder der Mietpreisbremse fehlt es an Wirkung, um Wohnraum für alle zu gewährleisten. Im Gegenteil tragen sie, wie sich beim Mietspiegel zeigt, sogar zum Mietpreisanstieg bei.

Nach Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft – Wohnungslosenhilfe e.V. gab es 2014 rund 335.000 Wohnungslose in Deutschland, 28% mehr als noch 2012. In Karlsruhe hat sich die Zahl zwischen 2012 und 2015 mehr als verdoppelt, auf über 650 Wohnungslose. Die Wohnungslosenhilfe des diakonischen Werks hilft den Karlsruher Wohnungslosen bei der Vermittlung von Wohnraum und unterhält Einrichtungen wie Tagestreffs und Erfrierungsschutzeinrichtungen.

Für die Anmietung der Wohnungen für Obdachlose ist das Jobcenter verantwortlich. Da es kaum Wohnraum in städtischer Hand gibt, ist man hierbei auf das Angebot des privaten Wohnungsmarktes angewiesen. Dieses ist allerdings äußerst knapp. Denn das Jobcenter zahlt nur „angemessene“ Mietpreise. Hierbei gelten Höchstsätze: z. Bsp. 380,25 € für eine Einzelperson oder 506,25 € für 3 Personen. Ausschlaggebend ob Miete und Nebenkosten „angemessen“ sind und demnach übernommen werden, ist ausschließlich die Größe des Mietobjekts,  bis zu 45 qm für eine Person  und bis zu 75 qm für 3 Personen. Zustand und Ausstattung werden vom Jobcenter nicht überprüft. Das führe dazu, dass private VermieterInnen Wohnraum, in zum Teil unzumutbarem Zustand, zu den „amtlichen“ Höchstsätzen vermieteten,  wie ein Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe berichtet. Auch mietrechtliche Streitigkeiten würden nicht unterstützt. Dabei sei es gerade für Wohnungslose mit Arbeitsmöglichkeiten wichtig, nicht zu viel für die Wohnung zahlen zu müssen, da die Miete sonst den Großteil der Einkünfte auffresse. Dies verhindere oft den Absprung aus der Abhängigkeit.

Tatsächlich geht die Zahl der Neuvermittlungen von Wohnungslosen zurück. Auch weil die gezahlten Mietsätze nicht mit den Mietpreisen stiegen, bleiben Wohnungslose auf dem Wohnungsmarkt oftmals chancenlos. „Guter Wohnraum ist für Empfänger von Sozialleistungen wie ALG 2 nicht zu bekommen“,  und selbst für den sogenannten „Nischenwohnraum“ gäbe es mittlerweile zu viel Konkurrenz. Manche VermieterInnen haben aus dieser Konstellation auf dem Wohnungsmarkt ein einträgliches Geschäft mit der Not anderer entwickelt.

Auch für Studierende gibt es nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum

Für Wohnraum, zumeist Einzelzimmer mit Gemeinschaftsküche und Bad,  müssen Studierende häufig 300 € und mehr pro Monat aufwenden. Das liegt auch daran, dass bei Vermietungen an Wohngemeinschaften höhere Mieten verlangt werden als bei Komplettvermietungen. Auch der Mietspiegel lässt für die Vermietung an Wohngemeinschaften einen Aufpreis von 0,7 €/qm zu. Mit dem BAföG Höchstsatz von aktuell 670 € pro Monat  bleibt neben anderen Kosten, für Krankenversicherung und Arbeitsmittel, wenig zum Leben, zumal EmpfängerInnen von BAföG keinen Anspruch auf Wohngeld haben. Um bezahlbaren Wohnraum zu finden, erweitere sich die Distanz zum Studienort daher zunehmend und es gäbe bereits Fälle von Studierenden, die aufgrund der Mietpreise den Studienort wechselten, so Thomas Wacker, Sozialreferent der Studierendenvertretung AStA. Diese fordert den „schnellstmöglichen Ausbau der verfügbaren Wohnheimplätze“, wobei die „10-Minuten Regel“ für den maximalen Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohn- und Studienort gelten solle.

Sozialer Wohnraum ist Mangelware

Indes sind Christian Eheim, Geschäftsführer der SPD-Gemeinderatsfraktion, „Fälle von Mietwucher nicht bekannt“. Es handle sich um ein „strukturelles Problem“, an dem gearbeitet werde. So seien, seitdem Oberbürgermeister Mentrup (SPD) im Amt sei, private Investoren verpflichtet, 20% geförderten Wohnraum zu schaffen. Zudem sei bis 2019 von der Volkswohnung GmbH der Bau von 1.500 neuen Wohnungen geplant.

Dass diese Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen, um den Wegfall von sozialem Wohnraum, unter anderem aufgrund von auslaufenden Nutzungsrechten, auszugleichen, geht aus dem 8. Sachstandsbericht Wohnen hervor. Gab es beim Amtsantritt Mentrups 2012 noch 5.032 geförderte Sozialwohnungen, waren es 2015 nur noch 3.671.

Eine gute Bilanz sieht anders aus.

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