Beiträge für eine Lebendige Streitkultur in Karlsruhe

Stadtpolitik

Wie Karlsruhe Grundstücke verhökert

Erbbaurecht nutzen

In der letzten Druckschrift wurde festgestellt, dass das Wohnen in der Stadt zum Exklusivrecht wird. Zwei Drittel der Karlsruher Haushalte müssen 30 – 40 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete aufwenden. Indikatoren für bezahlbare Mieten in einer Stadt sind der Bestand und Neubau an Wohnungen, die an eine Mietpreis- und Belegungsbindung („Sozialwohnungen“)  gekoppelt sind.

Das Pestel-Institut ermittelte 2013 im Auftrag der Stadt Karlsruhe, dass für 1.000 Einwohner ein Bedarf an 87 Sozialmietwohnungen besteht. Demnach hatten in Karlsruhe 25.600 Haushalte einen Anspruch auf eine Sozialwohnung.

Statt diese zu bauen, ist der Bestand stetig gesunken. 2001 gab es noch 9.803 Wohnungen, die einer Mietpreis- und Belegungsbindung unterworfen waren. Innerhalb von 15 Jahren hat sich dieser Bestand mehr als halbiert: Im Jahre 2015 gab es nur noch 3.614.

Explodierende Preise

Der Wohnungsbau von heute, bestimmt die Stadt von morgen. Spätestens jetzt müssen Gemeinderat und Stadt aktiv werden. Es muss richtig Geld in die Hand genommen werden, um die wenigen für den Wohnungsbau verfügbaren Grundstücke nicht privaten Investoren zur Spekulation zu überlassen.

Karlsruhe gehört zu den boomenden Großstädten. Die Menschen zieht es in die Städte. Dort bieten sich Vorteile in Bezug auf Arbeitsplätze, Ausbildungsmöglichkeiten, der Versorgung mit Ärzten und Krankenhäuser, Kultureinrichtungen usw. Dazu kommen tausende Studierende. Durch die übergroße Nachfrage an Wohnraum, sind die Bodenpreise explodiert und die Mieten steigen. Während die städtische Infrastruktur durch Steuern finanziert wird, profitieren von den steigenden Bodenpreisen und Mieten private Investoren.

Durch den Wohnungsmangel wird die Schere zwischen Arm und Reich verschärft. In der Süddeutschen Zeitung kommentiert Laura Weißmüller im November 2017: „Die Frage, auf welcher Seite man aufwächst und welche Chancen man in seinem Leben hat, entscheidet der Eintrag im Grundbuch. Wer kein Eigentum besitzt, wird sich wohl auch keines mehr leisten können.“

Tür und Tor für Spekulationen

Über Jahre wurde der Bedarf an gehobenen Wohneinheiten befriedigt – auch von der städtischen Volkswohnung. Schon mit dem Auftauchen eines Grundstücks im Bebauungsplan, explodiert derzeit der Preis für Grund und Boden. Damit wird der Spekulation auf den Bodenpreis Tür und Tor geöffnet. „Betongold“ ist die Parole für die Anleger, die von den Banken und Finanzunternehmen ausgegeben wird.

In den sozialen Wohnungsbau und bezahlbaren Wohnraum wurde aber kaum investiert. Es muss eine Politik von der Stadt eingefordert werden, die sich gegen die soziale Spaltung wendet und Voraussetzungen schafft, preisgünstige Wohnungen zu bauen. Gerade hat die Stadt Karlsruhe stolz von außerplanmäßigen Millioneneinnahmen berichtet. Diese sollen in die großen Investitionsprojekte der Stadt fließen. Eine sehr viel notwendigere Investition der Stadt wäre der Aufkauf von Grundstücken.

Ein Lösungsansatz

Will die Stadt neben der allgemeinen Ausweitung des Angebots an Wohnraum auch ein besonders preisgünstiges Wohnangebot schaffen, sind Eingriffe in den bisherigen Immobilienkreislauf in Karlsruhe nötig. Preisgünstiges Wohnungsangebot bedeutet eine Absenkung der Mieten unter das derzeitige Niveau von Neubau- und Renovierungsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt. Dazu müssen die Kosten für die Erstellung von Wohnraum absolut gesenkt werden. Die Stadt kann hier den Faktor Bodenpreis beeinflussen. Da sich die besonders gestiegenen Bodenpreise bei dem Versuch, preisgünstigen Wohnraum zu erstellen, als größtes Hindernis erweisen, bietet sich die Gewährung von Erbbaurechten durch die Stadt als Alternative zum Grundstückserwerb an. Erbbaurecht bedeutet, dass die Stadt das Grundstück, gegen einen Zins für eine Reihe von Jahren (bspw. 99) überlässt. Ein Verkauf findet nicht statt, nach Ablauf der Frist fällt das Grundstück an die Stadt zurück. Muss der Bauträger das Grundstück nicht kaufen, sinkt der Bedarf an Fremdkapital und die Eigenkapitalquote steigt. Baugruppen werden so deutlich entlastet bei der Aufbringung von 25 Prozent Eigenkapitalquote. Städtische Grundstücke könnten durch die Erteilung von Erbbaurecht, zur Errichtung von preisgünstigem Wohnraum an Bauträger überlassen werden, die sich verpflichten, langfristig bezahlbaren Wohnraumversorgung schaffen. Das könnte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Volkswohnung sein, alte und neue Genossenschaften, Wohngruppen nach dem Modell des Mietshäusersyndikats oder auch sonstige Bauträger, die nicht renditeorientiert wirtschaften. Die Kostenvorteile durch das Erbbaurecht müssen vollständig in die Reduzierung des Miet- bzw. Kaufpreises eingehen. Bei einem langfristig garantierten niedrigen Erbbauzins vermindert sich der Mietpreis für die Wohnungsnutzer erheblich. Die Stadt verliert bei so einem Verfahren nichts. Nach der Gemeindeordnung ist die Kommune verpflichtet, Vermögensgegenstände (also auch Grundstücke) nur zu ihrem vollen Wert zu veräußern. Bei der Vergabe von Grund und Boden nach dem Erbbaurecht fließt kein Vermögen ab, es findet nur eine Umschichtung der Aktiva statt. Zudem hat die Stadt bei Vergabe von Erbbaurechten weiter die Hand auf den Grundstücken, verhindert Bodenspekulation und behält die Planungshoheit über ihre Gemarkung.

Die Schaffung von Wohnraum gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Stadt Karlsruhe muss sich – wie es gerade die Stadt Mannheim getan hat – eine Selbstverpflichtung für den sozialen und preisgünstigen Wohnungsbau auferlegen. Interessant auch: Zwecks Förderung gemeinschaftlicher Wohnprojekte hat Mannheim eine Koordinierungsstelle und ein kommunales Förderprogramm eingerichtet. Auch daran muss sich Karlsruhe ein Beispiel nehmen.

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