Konzerte und Lesungen mitten in der Stadt, dort, wo die Menschen wohnen. Kultur als Teil des Alltags und nicht als Event in ausgelagerten Vergnügungszonen: Wenn es den KOHI-Kulturraum am Werderplatz nicht schon gäbe, man müsste ihn erfinden. Aber jeder noch so gute Plan würde nur schwer funktionieren: Wer sich in die gewachsene Struktur eines Stadtteils einfügen will, muss hinein wachsen. Genau das hat das KOHI gemacht.
Denn das ursprüngliche Vorhaben war ein ganz anderes. Am Anfang des KOHI-Kulturraums stand ein Laden für vegetarisches Sushi und italienischen Espresso. Eine wilde Mischung, die sich nicht ganz so wild entwickelte. Nach eineinhalb Jahren gaben die Macher wieder auf. Nicht aufgeben wollten sie aber, was sich völlig ungeplant und eher nebenbei entwickelt hatte: Der Laden war für etliche Menschen zum Treffpunkt geworden. Ihre Idee: Ein Kulturraum für Konzerte und Lesungen. Damit hatte der KOHI-Kulturraum gegenüber anderen Initiativen einen entscheidenden Startvorteil: Der Raum war bereits da, es musste nur der Rahmen geschaffen werden. Organisatorisch war das kein Problem: Ein Verein ist schnell gegründet, dies geschah Anfang 2007.
Von Anfang an war dabei klar, dass das klassische Modell für Kulturzentren nicht funktioniert: An die übliche Mischfinanzierung aus dem Verkauf von Eintrittskarten und Getränken war am Werderplatz nicht zu denken. Das KOHI sollte auf keinen Fall eine Bar oder Partyzone werden, sondern sollte ein Raum für Kultur bleiben – nichts anderes. Weshalb bis heute im KOHI nur Mitglieder Zutritt haben. Wer noch nicht dazu gehört, kann am Eingang testweise für eine Woche oder einen Monat dem Verein beitreten.
Selbsthilfe für den dauerhaften Bestand
Damit der Kulturraum auch von den Nachbarn akzeptiert und nicht als Fremdkörper begriffen wurde, war zunächst vor allem eines nötig: Dämmen, dämmen, dämmen. Konkret bedeutete dies: 90 Zentimeter Dämmwolle auf dem Dach des Konzertraums, alle Fenster mit schalldämmenden Spezialsteinen zugemauert. Als anstelle der früheren Brauerei direkt neben dem Konzertraum Eigentumswohnungen entstanden, wurden auch die letzten Schlupflöcher verstopft. So erhielt die neue Lüftungsanlage eine Schallisolierung, Konzerte werden pünktlich beendet. Hinzu kommt: Wenn alle bei offenem Fenster schlafen wollen, geht das KOHI sowieso in die Sommerpause.
Dennoch hätte es zu Jahresbeginn mit dem KOHI vorbei sein können. Das Haus stand zum Verkauf. Es war klar, dass niemand das Erdgeschoss kauft, um weiter an das KOHI zu vermieten. Die naheliegende Idee: Selbst kaufen. Nach einer ersten Rundfrage unter den Mitgliedern, wer sich mit welcher Summe beteiligen würde, war klar: Das ist keine Utopie. Und in der Genossenschaft, die darauf gegründet wurde, hat jeder Genosse eine Stimme, egal, mit wie viel Geld er beteiligt ist. Dieses Modell ist erfolgreich. Seit April gehört das KOHI dem KOHI. Und es trägt immer noch den Namen des kleinen Ladens. Der ist übrigens japanisch und bedeutet auf Deutsch schlicht „Kaffee“.
Info: Die KOHI-Genossenschaft steht noch für neue GenossenInnen offen; der Mindestanteil beträgt 500 Euro. Bei Interesse bitte Mail an genossenschaft@kohi.de