Beiträge für eine Lebendige Streitkultur in Karlsruhe

Stadtleben

Quartier Zukunft – Labor Stadt

Ein Projekt zur Schaffung eines nachhaltigen Stadtteils

Eröffnung des Zukunftsraumes im Juni 2015 (Bild: Quartier Zukunft)

„Nachhaltigkeit heißt nicht nur Verzicht, sondern eigentlich ein gutes Leben“, sagt Albiez, einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter im Projekt „Quartier Zukunft – Labor Stadt“. Es gehe darum, Nachhaltigkeit vor der eigenen Haustür zu schaffen. Das Projekt wird vom „Institut für Technikfolgeabschätzung und Systemanalyse“ kurz ITAS am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) begleitet. Die Idee dafür stammt von Projektleiter Oliver Parodi und ziele darauf ab, ergebnisoffen auszuprobieren, wie man einen Stadtteil gemeinsam mit den BürgerInnen nachhaltig gestalten kann. Hierfür wurde die Oststadt ausgewählt, weil sie vom Migrationsanteil, der Altersstruktur, der sozialen Prägung und des innerstädtischen Charakters repräsentativ für europäische Städte sei. Zudem sei die Nähe zum KIT ausschlaggebend gewesen.

Arbeiten mit dem Bestand und den BürgerInnen

Wichtiger Faktor bei dem Konzept sei es mit dem vorhandenen Bestand zu arbeiten. Es solle kein neues „super-nachhaltiges“ Viertel mit entsprechender Mietsteigerung entstehen, vielmehr gehe es darum „mit dem was ist zu arbeiten“. Bei dem 2013 gestarteten Projekt war es zudem von Anfang an erklärtes Ziel, die BürgerInnen der Oststadt mit einzubinden. Die anfänglichen Bedenken seitens der beteiligten WissenschaftlerInnen über möglichen Gegenwind aus der Bevölkerung bewahrheiteten sich nicht. In einem Brief wurden sie über das Vorhaben informiert und zu einer BürgerInnenversammlung eingeladen, bei der die rund 200 Interessierten verschiedene Ideen und Konzepte für ein nachhaltiges Stadtleben diskutierten. Mit dem „Zukunftsraum für Nachhaltigkeit und Wissenschaft“, der im Juni 2015 eröffnet wurde, wurde ein Raum zum Austausch und für Zusammenarbeit geschaffen. Seitdem sei das Feedback von Seiten der BürgerInnen durchweg positiv, versichert Albiez. „An uns werden tausende Ideen herangetragen“, jedoch seien die Ressourcen begrenzt. Umso bedeutender ist somit die Motivierung zum selbst Mitanpacken und Gestalten des eigenen Stadtquartiers. Mittlerweile arbeiten mehrere Arbeitsgruppen wie zum Beispiel die AG „Oststadt Nachbarschaft“ mit dem Ziel des Aufbaus eines Nachbarschafts-Netzwerks oder die AG „Parkraum zum Lebensraum“, die mit „Park(ing)Days“ Parkplätze temporär wieder zu nutzbarem Lebensraum umwandelt. Auch das Reparatur-Café geht auf das Quartier Zukunft zurück.

Kriterien der Nachhaltigkeit

Damit eine Idee oder ein Projekt in das Quartier Zukunft eingebunden und unterstützt wird, muss sie die „Leitplanken“, das sind fünfzehn Regeln der Nachhaltigkeit, basierend auf dem „integrativen Konzept nachhaltiger Entwicklung“ welches am ITAS entwickelt wurde, einhalten. Dazu gehören neben grundlegenden Dingen wie dem Schutz der menschlichen Existenz und der nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen und Energiequellen auch der Ausgleich übersteigerter Einkommens- und Vermögensunterschiede, die Bewahrung des sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft und die Ermöglichung der Chancengleichheit bei Bildung, Beruf, Ämtern und Information. Werden diese Regeln eingehalten, kann eine Idee, abhängig von der Realisierbarkeit mit der vorhandenen Infrastruktur umgesetzt werden.

Wichtig sei immer auch der Bildungsaspekt. Am KIT wurde vor diesem Hintergrund die „Karlsruher Schule der Nachhaltigkeit“ und ein Begleitstudium Nachhaltige Entwicklung eingerichtet. Außerdem gibt es Beratungs- und Informationsangebote im „Reallabor 131: KIT findet Stadt“, in dem Wissenschaft und Stadtentwicklung gemeinsam mit der Bürgerschaft zusammen gebracht werden sollen.

In Bearbeitung befindliche Projekte im „Reallabor 131“, sind ein Energie-Versorgungskonzept für das Quartier, wofür spezifische Potentiale ermittelt werden und die Untersuchung von Mobilitätsaspekten, wie der Einrichtung von „shared spaces“ und einem Lastenfahrradverleih im Stadtteil.

Kooperationen und Hürden

„Es geht darum, Dinge auszuprobieren.“ Nur so könne man Grenzen identifizieren. Dem Spruch: „Man muss ja nur machen“ stehen oft reale Hürden gegenüber, die man erst bemerke, wenn es an die Umsetzung gehe, erläutert Albiez. So scheiterte zum Beispiel die Idee eines Abendmarkts mit regionalen und ökologischen Lebensmittel für Berufstätige daran, dass keine Marktbeschicker gefunden wurden, da die Zeiten nicht mit den üblichen Arbeitsabläufen vereinbar sind. Eine weitere Hürde ist aktuell die Finanzierung von Projekten. Das Forschungsprojekt verfügt über Fördermittel für die wissenschaftliche Arbeit, kann aber keine Gelder an Arbeitsgruppen oder unterstützte Projekte verteilen. Diese werden vollständig ehrenamtlich getragen oder müssen andere Quellen für die Finanzierung suchen.

Das gilt auch für die „befreundeten Projekte“. Dazu gehören beispielsweise das Projekt „Bikes without Borders“ des Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V., bei dem gemeinsam mit Flüchtlingen Fahrräder repariert und verliehen werden, oder „Konsum Global Karlsruhe“, einer Gruppe, die Stadtführungen zum Thema nachhaltiger Konsum und Klimawandel anbietet und „Give away Boxen“ gegen die Wegwerfgesellschaft aufbaut.

Um die Konzepte und Erfahrungen zu bündeln und zu bewerten, gibt es regelmäßigen Austausch mit anderen Reallaboren in Baden-Württemberg. Außerdem steht das Projekt in engem Kontakt mit den Hochschulen in Karlsruhe und anderen Städten. Ziel ist es herauszufinden, inwieweit das Konzept auf andere Städte und Bezirke übertragen werden kann. Dazu wird es zunächst hier realisiert und getestet, um anschließend zu generalisieren.

Weiterführende Informationen zum Projekt, den Arbeitsgruppen und Initiativen finden sich auf der Webseite.

Wer Ideen hat oder sich anderweitig am Projekt beteiligen möchte, kann auch den Zukunftsraum für Nachhaltigkeit und Wissenschaft besuchen:

Rintheimer Straße 46, 76131 Karlsruhe, Di 14:00 – 18:00 Uhr und Do 09:00 – 18:00 Uhr.

Quartier Zukunft

Das kooperative Stadtforschungs- und -entwicklungprojekt Quartier Zukunft – Labor Stadt zielt darauf ab, ein bestehendes Stadtquartier von Karlsruhe in einem offenen und langfristig angelegten Prozess in ein nachhaltiges zu transformieren. Zentral dafür ist das gemeinsame Wirken der gesamten Stadtgesellschaft, vor allem der Bürgerinnen und Bürger.

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info@quartierzukunft.deZur Webseite

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