In seiner Jugend war er schüchtern. Sein Vater war Ortsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, seine Mutter Kirchengemeinderätin und Vorsitzende des diakonischen Bezirksausschusses. Der in Tübingen geborene Landesvorsitzende der FDP Baden-Württemberg ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments. Er besuchte das Gymnasium in Horb am Neckar, wo er für eine Schülerzeitung schrieb. Aktiv war er in der Horber Kirchengemeinde und setzte sich in der Friedensbewegung der 1980er Jahre gegen Nachrüstung und den Nato-Doppelbeschluss ein. Später machte er ein Volontariat beim Schwarzwälder Boten in Oberndorf. Theurer wollte nach seinem Volkswirtschaftsstudium eigentlich Wirtschaftsjournalist werden, aber die Politik kam ihm dazwischen. Bereits während seines Studiums machte er, nach seiner Wahl zum „jüngsten Oberbürgermeisters Deutschlands“ in Horb, Schlagzeilen. Michael Theurer ist Mitglied im ASV Horb und der Horber Narrenzunft, der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e.V. und Vorsitzender des Träger-und Fördervereins „Ehemalige Synagoge Rexingen e.V.“ In seiner Freizeit joggt er und fährt Ski oder entspannt bei einem Glas Riesling zu klassischer Musik.
Seine politische Inspiration fand er bei Hans-Dietrich Genscher, den er als „Menschenfreund mit Mut, Weitsicht und immensem Erfahrungsschatz“ beschreibt. Bereits mit 16 Jahren trat er „mit voller Überzeugung“ der FDP bei. 1989 wurde er Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. Er steht für die Idee: „So viel Freiheit wie möglich, so wenig Staat wie nötig.“ Zu seinen größten Erfolgen zählt er die Aufnahme der „ökologischen Marktwirtschaft“ ins FDP-Parteiprogramm und seinen Einsatz als Steuer-Sonderberichterstatter für fairen Steuerwettbewerb im Europaparlament. „Schmerzhaft“ dagegen sei die Niederlage gegen Ernst Pfister (ebenfalls FDP) bei der Wahl zum Wirtschaftsminister gewesen.
In Karlsruhe, das er als „Symbol für den liberalen Rechtsstaat“ sieht, will er sich für eine 2. Rheinbrücke zur Verkehrsentlastung einsetzen.
Für Theurer ist Liberale Sozialpolitik „Hilfe zur Selbsthilfe“ für Bedürftige, das Setzen von „Anreizen, selbst tätig zu werden und sich aktiv aus staatlicher Alimentierung zu befreien“. Das bedingungslose Grundeinkommen hält er für „ein Dahinhalten des Bürgers“ „als Bittsteller des Staates“. Arbeit müsse sich wieder lohnen, für die anderen wolle die FDP ein Bürgergeld einführen, welches Sozialleistungen zentral zusammenfasst. Die Verlängerung des ALG 1 lehnt man ab, die Mietpreisbremse soll aufgehoben werden. Keine Vermögensteuer, keine Erbschaftssteuer, keine Finanztransaktionsteuer, dafür Wagniskapital und weniger Bürokratie – das „Rundum-sorglos-Paket“ für Unternehmen. In der Bildungspolitik geht es der FDP um das „Vorankommen durch eigene Leistung“. Eine bessere Bezahlung für Lehrer*innen, eine 1.000 Euro-Technik-Investition pro Schüler*in und die Aufwertung dualer Ausbildung sollen dazu beitragen. Zur Finanzierung will man nachgelagerte Studiengebühren einführen. Ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem soll „Talente von Zuwanderern fördern“ und „ihre Potenziale und Visionen für den Arbeitsmarkt nutzbar machen“.
In Sachen Umwelt- und Klimaschutz setzt sich Theurer für das „blaue Wachstum“ – Umweltpolitik durch technischen Fortschritt – ein. Subventionen für erneuerbare Energien will die FDP abschaffen und den Energiesektor „marktwirtschaftlich regeln“. Sie stellt sich gegen Verbote oder Tempolimits. „Wenn es die EU nicht gäbe, müssten wir sie jetzt erfinden“, sagt Michael Theurer, für die Bereiche, die nur gesamteuropäisch lösbar seien, wie Verteidigung, Einwanderung, Energie und Handel. Zu letzterem finden sich im Wahlprogramm Forderungen nach „freiem Zugang zu internationalen Kapitalmärkten“ und Nutzung der „ Chancen des Freihandels“. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, der Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sowie ein Verfahren für „geordnete Staatsinsolvenzen in der Eurozone“ werden zudem gefordert. Ob das in Genschers Sinne gewesen wäre?
Weitere Kandidat*innen:
Manchmal blinkt er links, abgebogen wird rechts – Marc Bernhard (AfD)
„Wir müssen die Komfortzone verlassen“ – Michel Brandt (Linke)
Die wahre Gefährdung ist die Klimakrise – Sylvia Kotting-Uhl (Grüne)
Abgeklärt und glatt – ohne Kontroversen – Parsa Marvi (SPD)
Was er am besten konnte: Ponte. – Ingo Wellenreuther kandidiert für die CDU