Das Ergebnis traf ins Mark: Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) erreichte bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 15,1 % der abgegebenen Stimmen, in Karlsruhe Ost waren es 12,0 % und in Karlsruhe West 13,9 %.
Es ist daher notwendig und richtig, sich mit den Positionen und Persönlichkeiten der AfD auseinanderzusetzen. Die beiden (teilweise widerstreitendenden) Strömungen der Partei, die völkisch-nationalistische und die neoliberale, müssen als solche erkannt und bekämpft werden, wenn Rassismus ins Bewusstsein der Mitte der Gesellschaft sickert, Flüchtlinge gegen InländerInnen ausgespielt werden und sich die AfD als die „Partei der kleinen Leute“ verkaufen möchte, wo sie doch die der sozialen Kälte und des sozialen Abbaus ist.
Das Ergebnis verweist jedoch auch auf Bruchlinien innerhalb der Gesellschaft, die erfordern, die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Auseinandersetzung mit der Partei und ihren AktivistInnen zu richten, sondern vielmehr auf Ihre WählerInnenschaft.
Besonders viele ArbeiterInnen und Erwerbslose wählten die AfD
Denn die Analysen zur WählerInnenschaft der AfD weisen gleich mehrere Besonderheiten auf: Die AfD wurde von deutlich mehr Männern (18 %) als Frauen (12%) gewählt. Die meisten WählerInnen finden sich in der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren, zudem gelang es der AfD in hohem Maße, vormalige NichtwählerInnen zur Abstimmung zu mobilisieren.
Doch am Bemerkenswertesten ist, dass es der AfD gelang, 30 % der Stimmen der ArbeiterInnen und gar 32 % der Stimmen der Erwerbslosen (vgl. infratest dimap) auf sich zu vereinen, obwohl doch mit Jörg Meuthen einer der Wortführer des neoliberalen Flügels der AfD Spitzenkandidat in Baden-Württemberg gewesen ist. In dieser Parteilinie werden dezidiert Positionen vertreten, die eine Verschlechterung der Lebensbedingungen von ArbeiterInnen und Erwerbslosen bedeuten. Im klassisch linken und sozialdemokratischen Milieu konnte die AfD daher annahmegemäß so erfolgreich wildern, weil bei den ArbeiterInnen und Erwerbslosen vor allen Dingen die Positionen der AfD verfangen haben, die Flüchtlinge und generell Fremde als Bedrohung und Konkurrenz erscheinen lassen.
Rein in die Auseinandersetzung heißt rein in die Hochburgen der AfD
Ein Blick auf die Ergebnisse in den Wahlbezirken im Karlsruher Stadtgebiet bestätigt die These, wonach die AfD in Quartieren mit sozialen Problemlagen überdurchschnittlich stark gewählt und mancherorts – wie in Oberreut – gar stärkste Partei wurde. Hier nehmen Abstiegsängste und Armut die Gestalt von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an. Hier hat die politische Linke versagt.
Eine erfolgreiche Strategie gegen die AfD muss daher den Kampf um die Köpfe dieser Menschen beinhalten. Ohne Präsenz und Austausch mit den Menschen vor Ort wird eine Stimmungswende allerdings nicht zu erreichen sein. Das sieht auch Sabine Skubsch (Landtagskandidatin von Die LINKE) so und erklärt, dass ihre Partei als Konsequenz aus der Wahl beabsichtigt, in Stadtteilen, in denen arme Menschen leben, präsenter werden, auf die Menschen zugehen und eine kontinuierlichen Stadtteilarbeit entwickeln möchte. Welche Konsequenzen die anderen Parteien ob des starken Ergebnisses der AfD ziehen, bleibt offen. Unsere Anfragen blieben unbeantwortet.
Doch auch soziale Bewegungen und Initiativen sollten das Wahlergebnis als Weckruf verstehen: Warum denn nicht einmal ein Informationsblatt über die AfD auflegen und es genau in diesen Straßenzügen verteilen? Oder ein Straßenfest organisieren, Erwerbslosen- und MieterInnenberatung anbieten oder ein soziales Zentrum eröffnen? Und nicht zuletzt müssen wir uns als Druckschrift diesbezüglich an die eigene Nase packen. Keine unserer Auslagestellen ist in diesen Bezirken. Es gibt viel zu tun – auch für uns.