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Stadtpolitik

300 Jahre Karlsruhe: Das letzte Fest?

Der Stadthaushalt 2017/18 wird von schmerzhaften Kürzungen gekennzeichnet sein

Im Stadthaushalt fehlen in den kommenden Jahren über 400 Mio. Euro

Karlsruhe feiert in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag mit einem dreimonatigen Festivalsommer. Entstanden sei ein stimmiges Konzept, das zu Karlsruhe passt und auf die Ziele des Stadtmarketings ausgerichtet ist, heißt es in einer Pressemeldung der Stadt. Rund 15 Millionen Euro kosten die Festivitäten. Aber wer wird denn kleinlich sein wollen: Gutes Marketing hat schließlich seinen Preis und außerdem trägt die Kommune lediglich elf Millionen Euro von den Gesamtkosten. Aus dem Festivalbudget entfällt die Kleinigkeit von 1,2 Millionen Euro für einen Veranstaltungspavillon aus Holz, der nach den Feierlichkeiten wieder zurückgebaut werden wird. Auch das sollte einen nicht länger grämen, zumal der Architekt Jürgen Mayer den Rückbau noch sozialpolitisch auflädt, wenn er erläutert, dass temporäre Projekte für die Unsicherheit in unserer Gesellschaft stünden.

Um’s kurz zu machen: Liebe Leute, feiert und konsumiert – es könnte das letzte Fest sein! Denn die Kernmerkmale des Holzpavillons – Unsicherheit und Rückbau – werden sehr bald Kennzeichen der Karlsruher Stadtpolitik sein.

Der Haushalt rutscht in den kommenden Jahren in ein strukturelles Defizit

In der Sitzung vom 28.04.2015 beschloss der Gemeinderat mit großer Mehrheit einen sogenannten Strategieprozess zur Haushaltstabilisierung. Notwendig wird der Prozess, so heißt es in der offiziellen Mitteilung zur Sitzung, weil die Aufwendungen stärker als die Erträge wachsen würden. Die Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung und der Prognosen für die Jahre 2017 bis 2022 ließen ein von 8,6 Millionen auf 113,5 Millionen Euro steigendes Minus im Ergebnishaushalt erwarten. Die CDU-Fraktion geht sogar von einem Minus von bis zu 404 Millionen Euro aus.

Wie kommt es dazu? Die Stadt Karlsruhe läuft mit ihren ständig steigenden Ausgaben derzeit in ein strukturelles Defizit hinein. Bereits beschlossene und geplante Großprojekte wie der Messeneubau, die Kombilösung oder das neue Stadion für den KSC bringen große und dauerhafte Belastungen mit sich. Niko Fostiropoulos, Stadtrat von DIE LINKE, beziffert die jährlichen Verluste der Messegesellschaft mit 13 Millionen Euro, Bettina Lisbach, Stadträtin von DIE GRÜNEN, nennt Folgekosten von jährlich 20 bis 30 Millionen Euro für die Kombilösung. Hinzu kommen veränderte gesetzliche Anforderungen – beispielsweise bei der Kinderbetreuung, dem Brandschutz oder dem Naturschutz – und gestiegene Ansprüche des Gemeinderates und der Bevölkerung – beispielsweise hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit, Transparenz und Bürgerbeteiligung, dem Ausbau von Ganztagsschulen und dem Abbau von langjährigem Sanierungsstau bei öffentlichen Gebäuden.

Die jüngst vollzogene Erhöhung der Gewerbesteuer soll Mehreinnahmen von 10 Millionen Euro jährlich bewirken. Die sich abzeichnende Finanzierungslücke kann damit allerdings bei weitem nicht geschlossen werden.

„Wer hat die besten Kürzungsvorschläge?“

In solchen Situationen verengt sich der politische Spielraum, so dass die Akteure gezwungen sind, Flagge zu zeigen. Dabei geht es im Kern um diese Optionen: Sparen durch Kürzungen oder mehr Einnehmen durch neue bzw. höhere Steuern.

Die Positionierungen in den ersten Stellungnahmen aus den Reihen der Parteien waren erwartbar: FDPStadtrat Thomas H. Hock sagt: „Es wird wehtun“, aber es dürfe nichts von vornherein „ausgeklammert werden“. Die CDU kündigt an, man müsse sich von einigem verabschieden und „grundsätzliche Schwerpunkte“ in den Vordergrund rücken. Grüne und SPD wollen sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite auf den Prüfstand stellen.

Klar gegen einen Sparkurs stellte sich Stadtrat Niko Fostiropoulos, der klarstellte, bei „Kultur, Soziales, Bildung und Gesundheit“ werde die LINKE nicht kürzen.

Der Festivalsommer endet im September, Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse des Strategieprozesses vorliegen. (jk)

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