Beiträge für eine Lebendige Streitkultur in Karlsruhe

Kultur/Stadtpolitik

Freiraum für Investoren

Räumung der Ex-Steffi vor zehn Jahren

Zwischen 1997 und 2006 befand sich die Ex-Steffi auf dem Areal hinter dem Hauptbahnhof (Foto: Stefan Rein)

Vor zehn Jahren wurde das linksalternative Wohn- und Kulturzentrum „Ex-Steffi“ geräumt. Die „Ex-Steffi“ entstand als Ersatzobjekt einer nach 25 Tagen legalisierten Hausbesetzung in der Stephanienstraße. Zwischen 1997 und 2006 war die Schwarzwaldstraße 79 hinter dem Hauptbahnhof Zuhause für etwa 25 BewohnerInnen und Ort für mehrere hundert kulturelle Veranstaltungen. Heute beherbergt das Gelände einen Heizungskeller und einen kostenpflichtigen Parkplatz.

Umkämpftes „Filetstück“

Der Räumung am 06. April 2006 gingen mehrjährige Auseinandersetzungen voraus, die juristisch 2003 mit einem Vergleich endeten. Die Stadtverwaltung verpflichtete sich darin bis Januar 2006 auf eine Räumung zu verzichten, die „Ex-Steffi“ keine neuen BewohnerInnen aufzunehmen. Politisch blieb die Räumung bis zuletzt umstritten. Während Grüne und andere kulturelle und politische Initiativen forderten, eine Räumung zumindest aufzuschieben, drang allen voran der damalige Oberbürgermeister Heinz Fenrich darauf, um das Areal ohne die „Ex-Steffi“ besser vermarkten zu können.

Seit den 1980er-Jahren sucht die Stadt Karlsruhe nach InvestorInnen für das Gelände hinter dem Hauptbahnhof. Unter Fenrich wurde das Konzept „TIME-Park“ forciert. Ein Büro- und Gewerbekomplex für Technologie, Information, Medien und Elektronik sollte InvestorInnen für das selbst ernannte „Filetstück“ anlocken. Trotz mehrerer „vielversprechender Interessenten“ wollte aber bis heute niemand zubeißen. Mittlerweile ist „das Projekt TIME-Park nicht mehr aktuell“, antwortet die Pressestelle der Stadt.

Keine Verständigung möglich

Auch Harald Denecken hätte sich gewünscht, „dass die Stadt bald nach der Räumung Investoren gefunden hätte“. Der ehemalige Sozialbürgermeister führte für die Stadt Anfang 2006 die letzten Verhandlungen mit der Ex-Steffi. Wenn die BewohnerInnen in absehbarer Zeit ein alternatives Objekt fänden, könne die Räumung noch kurze Zeit aufgeschoben werden. Im Februar präsentierten sie mehrere Ersatzobjekte, die für Denecken jedoch „keine realistische Perspektive“ boten. Dagegen hieß es von der Ex-Steffi, ein „hieb- und stichfestes Konzept“ vorgelegt zu haben. Rückblickend scheiterten die Gespräche für Denecken an der mangelnden Kompromissbereitschaft der anderen Seite. Diese führt das Scheitern dagegen auf ein „grundsätzliches Misstrauen“ der Stadtverwaltung gegen unkonventionelle Freiräume zurück, erinnert sich ein Ex-Bewohner heute.

Mit Blick auf das Gelände äußert er spöttisch: „Da war selbst die Ex-Steffi großstädtischer“. In tiefster badischer Gemütlichkeit meint Denecken zur Entwicklung des Geländes hinterm Hauptbahnhof: „Nun ischs halt so geworre“. Auch die Stadtverwaltung sieht die „Entwicklung des Areals noch nicht abgeschlossen“. Als Grund gibt sie die wirtschaftliche Konjunktur und die innerstädtische Konkurrenz durch den City Park in der neuen Südoststadt an. Derzeit sei man aber (mal wieder) in „sehr erfolgversprechenden Gesprächen“ mit Interessenten für das Areal.

Ein neues Objekt haben die Aktiven der Ex-Steffi auch nach zehn Jahren nicht in Sicht. Dies wird auch der Stadtpolitik vorgeworfen. Statt kulturelle Vielfalt zu unterstützen, werde durch einseitige und ausschließliche Förderung der Wirtschaft kulturell aktiven Menschen der Raum genommen, so der Ex-Steffi-Bewohner. Harald Denecken sieht hier weniger schwarz und hat noch einen Rat: „Lücken kann man füllen, das hängt nicht von Örtlichkeiten ab“. Aus eigener Erfahrung wisse er, dass Gegenwind „rote Backen und frischer mache“ für neue Ideen. Angesichts der Raumnot der freien Kulturszene und der auch den Ateliers hinterm Hauptbahnhof angekündigten Räumung bleibt aber offen, wie der Gegenwind noch Frei(e)räume in der Stadt finden soll.

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